Caritas sagt Rom den Kampf an

Nicht nur die Basis, sondern auch der Vorstand der Caritas plädiert dafür, die katholische Konfliktberatung von Schwangeren weiterzuführen. Dem Verbot des Vatikans will man nicht folgen    ■ Von Nicole Maschler

Berlin (taz) – Nach dem klaren Nein des Papstes zur Schwangeren-Konfliktberatung steuert die deutsche Caritas auf einen offenen Konflikt mit dem Vatikan zu: Der Verband weigert sich, dem Befehl ihres Dienstherrn Folge zu leisten. „Über die Zukunft der Beratung kann nicht einfach in Rom entschieden werden, ohne dabei das partnerschaftliche Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland zu berücksichtigen“, sagte Caritas-Pressesprecher Thomas Broch gestern zur taz. In Freiburg bekräftigte die Caritas ihre Haltung für die Öffentlichkeit.

Im Kampf gegen Rom stärken sich Zentralvorstand und Basis gegenseitig den Rücken: In einem Positionspapier, das der Caritas-Vorstand am vergangenen Donnerstag in Berlin verabschiedete, spricht sich das Gremium dafür aus, die Beratungsstellen auch künftig „auf dem gewohnten qualitativ hohen Niveau“ bereitzustellen.

Die Landesvertreter, zusammengefasst in einer 650 Köpfe zählenden Mitgliederversammlung, springen ihrem Caritas-Vorstand zur Seite: Die Kirche dürfe nicht gefährden, dass die Caritas als verlässlicher Partner des Staates die Gesellschaft mitgestaltet, beschlossen die Caritas-Katholiken. Die Basis argumentierte weiter, ein Ausstieg aus der gesetzlichen Beratung vergebe „eine wichtige Chance, Frauen in Konfliktsituationen beizustehen – und ungeborene Kinder zu schützen“.

Wie die Beratungsarbeit nach einem Rückzug der katholischen Kirche aussehen könnte, soll nun ein Ad-hoc-Ausschuss aus Fachleuten von Caritas und Sozialdienst katholischer Frauen klären.

Der Papst hatte die deutschen Bischöfe Mitte September aufgefordert, aus dem staatlichen Beratungssystem auszusteigen. Erst im Juni hatten sich die Kirchenmänner darauf geeinigt, den gesetzlich vorgeschriebenen Beratungsschein künftig mit dem Zusatz zu versehen, dass er nicht für straffreie Abtreibungen verwendet werden dürfe.

Nach Paragraph 218 Strafgesetzbuch sind die Beratungsscheine für eine Abtreibung innerhalb der ersten drei Schwangerschaftswochen erforderlich. Eine flächendeckende Versorgung mit Beratungsstellen hatte der Gesetzgeber 1995 vorgeschrieben.

Mit ihrem Kompromiss wollten die Bischöfe ihrem Oberhirten Gehorsam leisten und sich nicht in die Abtreibungsdiskussion verwikkeln lassen – zugleich aber im Beratungssystem verbleiben.

Doch die konservative Riege um den Kölner Kardinal Joachim Meisner und den Fuldaer Bischof Johannes Dyba kippte den Beschluss nach massivem Druck von Abtreibungsgegnern. Das Machtwort des Papstes stellt nun jedoch die Bischofskonferenz vor die Zerreißprobe: Die Kirche dürfe zwar weiter beraten, aber keine Scheine mehr ausstellen. Mehr noch: Die Bischöfe sollten einmütig über die Zukunft der Konfliktberatung in Deutschland entscheiden.

Während konservative Hardliner wie der Kölner Kardinal Joachim Meisner dem Befehl aus dem Vatikan gehorchten, kämpfen die liberalen Bischöfe um ihren Vorsitzenden Karl Lehmann weiterhin für den Verbleib im staatlichen Beratungssystem.

Die Caritas hofft nun darauf, dass sich Papst und Bischöfe Mitte November in Rom doch noch einigen. Verbandssprecher Thomas Broch erinnert die Kirchenvertreter an ihre Unterstützung für das staatliche Beratungssystem. „Die Bischöfe haben immer gesagt, dass sie den Schutz des Lebens als wichtige Aufgabe begreifen. Damit stehen sie im Wort.“