Albaniens Premier tritt zurück

Regierungschef Majko zieht die Konsequenz aus den parteiinternen Querelen bei den Sozialisten. Den Nachfolger haben die Sozialisten schon ausgeguckt  ■   Von Barbara Oertel

Berlin (taz) – Versöhnung der verfeindeten politischen Lager in Albanien, Stabilisierung des Landes sowie Kampf gegen Schmuggel und Korruption – dafür schien er der geeignete Mann: Pandeli Majko. Anfang Oktober vergangenen Jahres übernahm der 30-Jährige die Regierungsgeschäfte in Albanien, Europas jüngster Premierminister. Doch die Hoffnung auf einen echten Neuanfang dürften sich jetzt zerschlagen haben. Am Montag trat Majko zurück. Damit zog er die Konsequenz aus seiner Abwahl als Chef der Sozialistischen Partei vor knapp zwei Wochen. Auf dem Parteitag in der Hauptstadt Tirana hatte sich sein Amtsvorgänger Fatos Nano in einer Kampfabstimmung gegen ihn durchsetzen können.

Den Rücktritt Majkos hatten Beobachter seit Tagen erwartet. Bereits am Sonntag hatte sich Maqo Lakrori, Staatssekretär für Fragen der euro-atlantischen Integration und ebenfalls beim Parteitag auf der Verliererseite, aus dem Kabinett verabschiedet. Majko hatte das Rücktrittsgesuch abgelehnt, gleichzeitig aber eine kritische Überprüfung der Kabinettsliste angekündigt.

Gestern schlug der alte und neue Chef der Sozialisten, Fatos Nano, den stellvertretenden Regierungschef Ilir Meta als neuen Ministerpräsidenten vor. Der 34-Jährige sei für die Nachfolge geeignet, sagte Nano und entzog so Spekulationen den Boden, er selbst wolle wieder das Amt des Regierungschefs übernehmen.

Offensichtlich hat Nano mit dieser Entscheidung seinen eigenen Drang zur Macht politischen Notwendigkeiten untergeordnet. Denn eine erneute Machtübernahme des bis September vergangenen Jahres amtierenden Premiers hätte unweigerlich eine Neuauflage der Konfrontation mit seinem Erzfeind, dem ehemaligen Präsidenten und Chef der oppositionellen Demokraten, Sali Berisha, zur Folge gehabt. Zumal Berisha erst kürzlich als Vorsitzender der Demokraten bestätigt wurde.

Beide Herren haben noch einige Rechnungen offen. So verdankt Nano Berisha eine zwölfjährige Haftstrafe, zu der er im Juli 1993 wegen Korruption und Unterschlagung verurteilt wurde. Im März 1997, zur Zeit der schweren Unruhen, die das Land an den Rand des Bürgerkrieges brachten, gelang Nano die Flucht aus dem Gefängnis. Seit den Parlamentswahlen vom Juli 1997, die den Sozialisten den Sieg und Nano das Amt des Premiers einbrachten, waren gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der Regierung und der Opposition an der Tagesordnung. Als im vergangenen September mit Azem Hajdari ein Vertreter der Demokraten ermordet wurde, machte Berisha Nano für die Tat verantwortlich. Weitere gewalttätige Auseinandersetzungen forderten vier Tote und zahlreiche Verletzte. Nano retournierte: Die Opposition habe einen Staatstreich geplant, behauptete er, räumte jedoch kurz darauf den Regierungssessel.

Heute wollen die Sozialisten über die Nachfolge Majkos entscheiden. Gestern jedoch ordnete die Regierung vorsichthalber erhöhte Sicherheitsmaßnahmen an. In Tirana überwachte die Polizei wichtige Kreuzungen und kontrollierte Fahrzeuge mit auswärtigen Kennzeichen. Dieses Szenario ist in Tirana nur allzu gut bekannt.