Kleine Bergsteiger in Huchting

■ Für die Kurzen gibt es eine neue Attraktion im vollplatten Bremen

20 Kinder erstürmten den Gipfel, sobald das Band durchschnitten und mit selbstgepresstem Apfelsaft angestoßen worden war. Schauplatz der Szene war gestern morgen das Gelände des Bürger-und Sozialzentrums in Huchting.

Gipfel? In Huchting? Na ja. Eingeweiht wurde ein Klettergebirge für Kinder. Schon früher kraxelten sie hier über einen Steingarten. Doch der war unsicher, und so wurde umgestaltet. Seile und Pickel braucht man auch bei dem neuen Steinensemble nicht. Eigentlich ist das Ganze eher eine Ansammlung von Felsbrocken, nicht viel höher als ein Meter, auf einer vielleicht zehn Quadratmeter großen Fläche. Die Kinder jedoch fanden's toll. „Die Bremer Landschaft ist ja einfach total platt, da ist so ein Klettergebirge schon eine hohe Erhebung,“ sagt Susanne Wandrey vom Verein „Arbeit und Ökologie“, der das neue Spielgelände gestaltet hat.

Die Felsenlandschaft ist nur das neueste Beispiel für die Projekte von „Arbeit und Ökologie“. Vor allem für Schulen und Kindergärten legt der Verein Grünanlagen und Spielplätze an. Spezialitäten: Matschpfade, Wasserfälle, Baumstammpyramiden oder Indianertipis aus Weide. Beim Bau werden Naturmaterialien verwendet. „Die Naturerfahrung ist uns wichtig. Wir machen Angebote, die die Phantasie der Kinder anregen“, sagt Wandrey. Entstanden ist der Verein 1987 aus einer Arbeitsloseninitiative. Heute beschäftigt er rund 30 Langzeitarbeitslose.

Neben dem Bürger- und Sozialzentrum hat der Verein auch ein ökologisches Lehr- und Erfahrungsgelände angelegt: Neben ordinärem Grünkohl wachsen im Bauerngarten so merkwürdige Pflanzen wie die Knäuelglockenblume oder die brennende Liebe. Auch der Gute Heinrich fehlt nicht. Quendel bei Atembeschwerden oder Odermennig gegen Rheuma - der Apothekergarten erinnert an längst vergessene Hausmittel. Eine Pilzzucht, ein Insektenhotel und die Regenwurmzucht im Komposthaufen sind weitere Stationen auf dem Ökologiepfad.

Natur ganz sinnlich erleben, auch das geht auf dem Ökolehrpfad. Vor allem der Barfußpfad ist der Renner. Im Summstein lässt sich die eigene Stimme erproben. In Fühlkästen kann man Tannenzapfen ertasten, Blütenblätter oder Holzschnipsel. Und im Duftgarten kann man mal so richtig hinriechen.

Der Verein bietet regelmäßig Führungen und Seminare an. Naturschutz außerhalb von Schutzgebieten, so lautet das Motto. „Im Grunde geht es darum, Basiswissen im Umweltbereich zu vermitteln,“ sagt Wandrey, „die Leute auf das aufmerksam zu machen, was sie in ihrer täglichen Umgebung finden.“ Gerade bei Kindern käme dies häufig zu kurz. „Manche können eine Artischocke nicht von einem Blumenkohl unterscheiden“.

Kristin Hunfeld