Keiner prüft mehr genau“

■ Hypo-Bank: Nach den Vorstands-Rücktritten Kritik an den Wirtschaftsprüfern

Nürnberg (taz) – Nach dem Rücktritt der ehemaligen Hypo-Bank-Vorstände beginnen für die Manager der HypoVereinsbank in München die Aufräumarbeiten. Von „Peanuts“ können und wollen die Verantwortlichen der Bank nicht sprechen, aber wirtschaftlich hat Deutschlands Nummer zwei in der Bankenwelt die Versäumnisse und Verluste der unfähigen Vorstände längst verdaut. Zur Bereinigung haben sich die Bilanzexperten der Bank etwas ganz Besonderes einfallen lassen.

Alle Immobilienprojekte mit erhöhtem Risiko werden voraussichtlich bis Ende des Jahres in einem neuen Unternehmensbereich zusammengefasst. Die Bank teilt Immobilienfinanzierungen in die Risikoklassen 1 bis 10 ein, und in dem Sanierungsportfolio sollen alle Objekte der Kategorien 5 bis 10 landen, immerhin ein Wert von rund 25 Milliarden Mark. Bei den verschiedenen Bauten handelt es sich freilich nicht um unverkäufliche oder unvermietbare Hütten, sondern um Objekte, die in möglichst kurzer Zeit gewinnbringend vermarktet werden sollen.

Im vergangenen Jahr ist das schon bei Gebäuden für mehr als zwei Milliarden Mark gelungen. Bei verantwortungsvollem und glücklichem Verlauf der Vermarktungsbemühungen kann die Bank also durchaus mit ungeplanten Gewinnen rechnen und anschließend den Unternehmensbereich wieder auflösen. In Deutschland wird nach Aussagen der HypoVereinsbank dieses Verfahren erstmals angewendet, Beispiele dafür gibt es aber schon in Frankreich, der Schweiz und in Schweden.

Und wie können künftig derartige Schieflagen in anderen Banken vermieden werden? Nach dem Rücktritt der verantwortlichen Vorstände stellt sich die Frage, warum die gesetzlich vorgeschriebenen Aufsichts- und Prüfungsorgane versagt haben. Schon in der Vergangenheit hatten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die die Bilanzen kontrollieren, nicht den besten Ruf. Die Abkürzung des Branchenprimus KPMG wurde in der Finanzwelt schon vor Jahren mit „Keiner prüft mehr genau“ oder „Kinder prüfen meine Gesellschaft“ übersetzt. Zwischen den Wirtschaftsprüfern und den Vorständen von Unternehmen herrscht häufig eine einvernehmliche Kungelei, denn schließlich sind die Wirtschaftsprüfer daran interessiert, ihre Kunden zu behalten und weiter üppige Honorare zu kassieren. Selbst beim Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, das in den vergangenen Jahren die Zahl der Sonderprüfungen bei Kreditinstituten deutlich erhöht hat (allein 1998 mehr als 600), ist man mit der derzeitigen Situation nicht glücklich. Denn auch diese Bundesbehörde muss bei Sonderprüfungen auf die Dienste von Wirtschaftsprüfern zurückgreifen. So hatte eine vom Aufsichtsamt angeordnete Sonderprüfung bei der Hypo-Bank 1996 auch keine erkennbaren Risiken ans Tageslicht gebracht. Sinnvoller wäre es schon, wenn das Aufsichtsamt über eigene Prüfungsteams verfügen könnte, die im staatlichen Auftrag die Bilanzen und das Geschäftsgebaren der Kreditinstitute unter die Lupe nehmen würden.

Horst Peter Wickel