Abgelebte Stars

■ Altern im Rampenlicht war nie schön. Doch warum gelingt es Frauen besser?

In vielem erinnert Rex Gildos Selbstmord an den Tod der Schlagersängerin Renate Kern. Sie musste während des erfolgreichen Teil ihrer Sangeskarriere, Ende der Sechziger- und Anfang der Siebzigerjahre, immer von dem Glück singen. In ihrem mühsam ersungenen Eigenheim erhängte sie sich schließlich.

Ob wirklich die Verzweiflung über das Altern Rex Gildos Verzweiflungstat auslöste, wie es gleich in den ersten Meldungen nach seinem Fenstersturz hieß, wird die Öffentlichkeit wohl nie erfahren – der Sänger hatte sein Privatleben stets abzuschirmen gewusst.

Ohne Frage jedoch ist Altern für Showstars ein gewaltiges Problem. Manche stemmen sich mit allen technischen und chirurgischen Hilfsmitteln dagegen (Cher), andere verdrängen einfach ihre physische Hinfälligkeit und treten noch als Greise mit ihrem alten, von Leidenschaft erfüllten Songmaterial auf (Zarah Leander und ihre legendäre Butterfahrten). Doch wehe den Stars, deren Erfolg unlösbar an jugendlichem Charme gekoppelt zu sein scheint.

Mancher weibliche Schlagerstar verlässt sich auch in fortgeschrittenem Alter mit Stolz auf seine gute Figur, die perfekt geformten Beine. Dann starrt das Publikum noch ein paar Jahre auf Minirock und schwarze Nylons statt auf das langsam faltig werdende Gesicht und den Ausdruck der Sängerin. Männer haben es mit Ablenkungsmanövern, man denke allein an zurückweichende Haaransätze, ganz sicher schwerer. Eine Schlagersängerin kann, wenn sie gut ist, auch mit ihren Liedern reifen, selbstbewusster werden und abgeklärter. Noch nach 35 Jahren im Geschäft gibt es eine Mary Roos. Aber was macht eigentlich Chris Roberts heute?

Irgendwann entsteht im Publikum eine Form von Voyeurismus. Es strömt nicht mehr nur aus Nostalgie in die Konzerte der Altstars, sondern aus der Angstlust zu sehen, dass andere ebenso altern wie man selbst. Oder um sich in der Illusion zu wiegen, auch heute noch stünde einem die Welt offen wie dem gleichaltrigen, aber womöglich bestens konservierten Star (Tom Jones).

Als Rex Gildo vor ein paar Jahren auf dem Hamburger Schulterblatt eine Drogeriefiliale eröffnete, waren von den Passanten Sätze zu hören wie „Die Falten will ich mir doch mal aus der Nähe ansehen.“

Heino, der geschmähteste unter den deutschen Schlagersängern, hat es irgendwann geschafft, seine geradezu weltentrückte Aura ironisieren können. Rex Gildo, dem ewig frenetischen, aber nie aufdringlich baggernden Sonnyboy, ist Distanz zu seiner Bühnenrolle nie gelungen. Reinhard Krause