Heftig hüpfen gegen die Vereinsamung

■ Biodanza“, eine Tanztherapie aus Südamerika, arbeitet mit Balanceübungen und ausladenden Bewegungen. Inzwischen wird sie in der Krebsnachsorge eingesetzt

Schauen wir uns einmal um auf diesem Globus, der inzwischen gar nicht mehr so groß ist, dann stellen wir fest: Egal wo wir hinkommen, die Menschen tanzen. Man kommt unter Leute, schüttelt sich aus und findet das Ganze am Ende noch entspannend.

„Wer tanzt“, erklärt die Argentinierin Guiomar Morales, „öffnet sich auch wieder für die Kommunikation. In einer Zeit, in der so viele Menschen einsam sind, ist es das, was wir brauchen.“ Morales arbeitet seit 1986 in Südamerika und Europa als Gruppenleiterin für die Tanztherapie „Biodanza“. Schon durch die Musikauswahl stellt sie klar, dass ihre Kurse eine fröhliche Angelegenheit werden: viel brasilianische Musik, von Jobims und Caetano Velosos jazzigem Bossa Nova bis zu Marisa Monte, manchmal Klassik oder Ethno. Hauptsache, die Musik ist rhythmisch und regt zur Bewegung an. Die Kurse richten sich zum einen an Menschen, die einfach im Tanz Ausdrucksmöglichkeiten suchen, zum anderen werden sie gezielt in der Krebsnachsorge angeboten. Seit 1998 leitet Morales die Biodanza Schule Berlin und bildet auch in dreijährigen Zyklen Kursleiter aus.

Begründet wurde Biodanza im tanzwütigen Südamerika. Der chilenische Psychologe Rolando Toro hatte schon früh damit begonnen, Musik als therapeutisches Mittel in der Psychiatrie einzusetzen, und entwickelte vor 30 Jahren Biodanza als gruppentherapeutisches Verfahren. Toro formulierte ein umfassendes System der Bewegung, das sich in den einzelnen Übungen widerspiegelt: Balanceübungen, um Standfestigkeit zu trainieren und buchstäblich die eigene Mitte zu finden, ausladende Bewegungen, um den eigenen Freiraum zu ergründen, oder geradezu ausgelassenes Springen durch den Raum, um festen Boden unter den Füßen zu spüren.

Theoretischer Hintergrund der Übungen ist Toros Theorie, dass der Mensch, will er gesund sein, fünf Grundaspekte seines Wesens in harmonischen Einklang bringen müsse, die sogenannten Potenziale: Vitalität, Sexualität, Kreativität, Affektivität und Transzendenz. Letztere wird als die Fähigkeit verstanden, über das eigene Ego hinauszugehen und eine tiefere Einheit mit dem Universum anzustreben; Toro nennt seine Therapie auch „Tanz des Lebens“.

Die Biodanza-Therapeuten wie Christina Arrieta, die die Tanztherapie 1984 nach Deutschland gebracht hat, betonen, dass Biodanza nicht Probleme zum Ausgangspunkt nehme, sondern an bereits vorhandenen Potenzialen ansetze. „Tanztherapie schafft die Probleme der Menschen nicht aus der Welt, sondern gibt ihnen die Energie, sich damit auseinanderzusetzen“, so Morales. Eine Krebspatientin, die bei Morales in Therapie war, erklärte einmal einem Fernsehteam, wie sie wieder Kraft in sich spürte, die sie nach der Operation gar nicht mehr vermutet hatte: „Dadurch bekommt man Mut, und man nimmt es mit hinaus in den Alltag.“ Martin Kaluza

Ein Biodanza-Workshop gibt es bei den Gesundheitstagen am Fr. 11.11., 19.30 bis 21 Uhr, Guiomar Morales' Biodanza-Schule „Rolando Toro“ Berlin, Sprengelstr. 19, 13353 Berlin. Tel. 454 59 13.