Unruhe auf der Ersatzbank

■ In der Mannschaft von Tennis Borussia Berlin gärt es vor dem heutigen Spitzenspiel der zweiten Liga gegen Energie Cottbus

Für Winfried Schäfer ist die Sache einfach. „Arbeiten, Klappe halten, aufsteigen“, rezitiert der Trainer von Tennis Borussia seit Saisonbeginn im August seine vermeintliche Erfolgsformel für den Sprung in die Fußball-Bundesliga. Bislang scheint „Winni“ damit gut zu fahren. Wenn heute im Mommsenstadion das Spitzenspiel der 2. Liga gegen Cottbus angepfiffen wird, rangieren die Charlottenburger auf dem 3. Platz. Am Saisonende würde das zum Aufstieg in die Eliteklasse reichen.

Doch die heile Borussen-Welt bekommt Risse. Als Erster grummelte Sascha Ciric, der für die Rekordsumme von 4 Millionen Mark aus Nürnberg verpflichtete Stürmer. Der Großverdiener im Team mit einem auf 1,7 Millionen Mark geschätzten Jahressalär beschwerte sich über seinen fürstlich entlohnten Job als Teilzeit-Torjäger. Denn Ciric gelangen seine bis dato fünf Saisontreffer zumeist als Einwechselspieler. Die TeBe-Führung spielte die Kritik des Makedoniers herunter. „Nur wenn sich ein Spieler klaglos in sein Schicksal fügt, ist das ein Problem“, zeigte sich Präsident Kuno Konrad stolz auf seinen aufmüpfigen Angestellten. Trainer Schäfer, angetan von der kreativen Unruhe in seiner Herde, soll sogar damit gedroht haben, zufriedene Reservisten zu verkaufen.

Doch letzten Sonntag in Bochum, ausgerechnet nach dem glanzvollen 6:2 der Berliner an der Ruhr, platzte die Bombe. Während seine Mannschaftskollegen unter der Dusche auf den Sieg anstießen, zog Rechtsaußen Ansgar Brinkmann vor der Kabinentür vom Leder. „Ich lasse mich nicht verarschen, auch nicht von Winni Schäfer“, schimpfte der vorlaute Profi, der von Bundesligist Frankfurt zu den Borussen gewechselt war. Offensichtlich hatte ihm Schäfer den Abstieg in die Zweitklassigkeit mit honigsüßen Versprechungen auf einen Stammplatz schmackhaft gemacht. Doch Brinkmann ärgerte sich neben Ciric auf der Ersatzbank.

„Ich wusste, dass es Konflikte geben wird“, hat Schäfer erkannt. Jede Verbannung eines Spielers in die zweite Reihe kommt einer Degradierung gleich. Vom Frust über entgangene Siegprämien ganz zu schweigen. Schäfer ist weise geworden. „Ohne Konflikt und Stress kann keine Gemeinschaft überleben“, räsonierte der Hobby-Soziologe, nachdem er als Fußball-Pädagoge dem rebellischen Brinkmann in einem „versöhnlichen Gespräch“ eine saftige Geldstrafe aufgebrummt hatte.

„Ich habe die Regeln verletzt“, zeigt der Bestrafte Reue. „Wir brauchen jeden Spieler, der sich mit dem Verein identifiziert“, besänftigt Schäfer. Ob der die teuer erkaufte Corporate Identity gegen Cottbus auf dem Rasen jedoch vorleben kann, scheint fraglich. Brinkmann und Ciric werden den Anpfiff der Partie heute wohl erneut auf der Ersatzbank hören. „In zwei Wochen kann es schon wieder ganz anders aussehen“, beruhigt der Trainer. Doch es klingt wie das Fanal zu einem neuen Aufstand. Jürgen Schulz