SPD-Linke für Gang in die Opposition

■ Dem SPD-Vize Klaus-Uwe Benneter gelang es nicht, die Parteilinke auf Koalitionskurs zu bringen. Eine Mehrheit für Aufnahme von Koalitionsverhandlungen ist jetzt fraglich

Ob der SPD-Sonderparteitag an diesem Mittwoch für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU stimmt, ist wieder fraglich. Der „Donnerstagskreis“ der SPD-Linken stimmte gestern mit überwältigender Mehrheit für den Gang in die Opposition. Von 70 Anwesenden votierten nur vier für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen, drei enthielten sich.

Auch bei mehreren Kreisdelegiertenversammlungen waren in den letzten Tagen die Befürworter einer Großen Koalition zum Teil deutlich in der Minderheit. Für den stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Klaus-Uwe Benneter, der in der vergangenen Woche noch vollmundig erklärt hatte, er werde die Parteilinke auf Koalitionskurs bringen, ist das Votum des Donnerstagskreises eine schwere Niederlage. Benneter hatte die Abstimmung mit einer Vertrauensfrage verknüpft: Er stehe nicht mehr als Sprecher des Donnerstagskreises zur Verfügung, wenn sich das Gremium gegen die Große Koalition ausspreche. Parteifreunde sprachen gestern davon, dass sich Benneter „vertaktiert“ habe. Im SPD-Landesausschuss hatte Benneter eher pflichtgemäß und lustlos für den Gang in die Opposition plädiert. Nach dem deutlichen Votum des SPD-Landesausschusses für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen hatte er eine Kehrtwendung vollzogen.

Ob Benneter von seinem Sprecheramt tatsächlich zurücktritt, blieb gestern allerdings unklar. Der 52-jährige Rechtsanwalt ging gestern auf Tauchstation. Auch über sein Handy war er nicht zu erreichen. Teilnehmer des Donnerstagskreises berichteten, gegen Ende der dreistündigen Sitzung habe Benneter lediglich erklärt, er werde auf dem Parteitag nicht für den Donnerstagskreis sprechen. Die Parteilinke schickt nun mit Hans-Georg Lorenz einen der entschiedensten Gegner einer erneuten Großen Koalition und einen wortgewaltigen Redner in die Debatte. Doch auch die Befürworter von Koalitionsverhandlungen werden „schwere Geschütze“ aufbieten, darunter den früheren Partei- und Fraktionschef Ditmar Staffelt.

Die Gegner einer Koalition behielten in den letzten Tagen bei mehreren Kreisdelegiertenversammlungen die Oberhand. In Charlottenburg/Wilmersdorf lehnten 55 Delegierte eine erneute Große Koalition ab, nur 35 Genossen stimmten dafür. In Spandau, dem Heimatbezirk des Koalitionsgegners Hans-Georg Lorenz, stimmten sogar zwei Drittel der Delegierten für den Gang in die Opposition. Auch in anderen Kreisen tendierte die Basis eher in Richtung Opposition, wenn auch nicht ganz so deutlich.

Ein Indiz für den Parteitag ist dies jedoch nur bedingt: zwar gelten die Abstimmungsergebnisse der Kreisdelegiertenversammlungen als Orientierungshilfe für das Stimmverhalten der 320 Parteitagsdelegierten. Doch diese sind nicht unbedingt an das Votum der Basis gebunden. Denn auch ihnen ist klar, dass mancher Genosse in der Kreisdelegiertenversammlung seiner Abneigung gegen die Große Koalition freien Lauf lässt. Eine unmittelbare Konsequenz ergibt sich aus dem dortigen Abstimmungsverhalten schließlich nicht. Dorothee Winden

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