Wir nehmen auch Strafen in Kauf“

■ NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) kämpft weiter gegen Einfuhr von britischem Beef

taz: Frau Höhn, w as halten Sie von der Entscheidung der EU-Experten, das Exportverbot für britisches Rindfleisch aufzuheben?

Bärbel Höhn: Das Absurde daran ist, dass jetzt das Exportverbot aufgehoben werden soll undgleichzeitig die Kennzeichnungspflicht um drei Jahre verschoben wird. Das bedeutet, dass die Verbraucher nicht einmal entscheiden können, ob sie bewusst auf britisches Rindfleisch verzichten.

Wie sollte man reagieren?

Bemerkenswert finde ich zunächst einmal, dass die Experten in ihrem Urteil nur festgestellt haben, dass die britischen Produkte nicht weniger sicher sind als die anderer Länder. Anstatt daraus eine Aufhebung des Exportverbots zu folgern, sollte man vielmehr auch in den anderen Ländern strenger vorgehen, in denen es BSE-Fälle gibt.

Sie haben angekündigt, weiter für Verbraucherschutz zu kämpfen. Aber was können Sie noch tun, wenn es in der EU zu einer Einigung kommt?

Zunächst will ich die Mehrheit der Länder dazu bringen, bei der Haltung zu bleiben, dass das Verbot nicht aufgehoben wird. Anfang August waren sich da noch alle einig. Nun scheinen einige Angst zu bekommen, weil es Strafen geben könnte.

Mancherorts klingt man schon sehr resigniert.

Ich wundere mich schon, wenn der baden-württembergische Kollege jetzt sagt, man könne nichts mehr tun. Wir haben durchaus noch Zeit, über Argumente zu versuchen, die EU zu überzeugen.

Die Bundesregierung hat sich aus dem Streit zwischen Briten und Franzosen weitgehend herausgehalten. Warum?

Diese Frage dürfen Sie nicht mir stellen.

Dann vielleicht die nach der Rolle von Gesundheitsministerin Andrea Fischer?

Also, wir haben hier in Nordrhein-Westfalen eine klare Linie, die haben wir seit über vier Jahren, und diese Linie war, glaube ich, im Sinne des Verbraucherschutzes nicht schlecht.

Selbst wenn die Kennzeichnungspflicht kommt – wie kann man verhindern, dass sie umgangen wird?

Wir können nicht verhindern, dass kriminell gehandelt wird. Einen hundertprozentigen Schutz kann es nicht geben. Aber wenn wir nicht zumindest alle vorhandenen Instrumente nutzen, würden wir fahrlässig handeln.

Könnte eine Kennzeichnung dazu führen, dass britisches Fleisch so billig wird, dass sozial Schwächere das Risiko in Kauf nehmen?

Das glaube ich nicht, denn bisher ist eher Edelfleisch aus Großbritannien eingeführt worden.

Wie wollen Sie einerseits die deutschen Verbraucher schützen und andererseits verhindern, dass Deutschland in Europa zum Buhmann wird?

Es geht nicht darum, wer der Buhmann ist. Es geht um Verbraucher- und Gesundheitsschutz. Es sind fast fünfzig Menschen daran gestorben. Das ist eine tödliche Seuche.

Woraus folgt?

Wir werden in Nordrhein-Westfalen auf jeden Fall alle Möglichkeiten ausschöpfen und auch Strafen in Kauf nehmen. Interview: Lukas Wallraff