Die SPD entdeckt den Ostteil der Stadt

■ Der Leitantrag für den SPD-Parteitag berücksichtigt verstärkt Ostinteressen und enthält kaum Konfliktpunkte für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit der CDU

Der Leitantrag für den morgigen SPD-Sonderparteitag, über den gestern Abend der 21-köpfige Parteivorstand beriet, legt erstmals einen stärkeren Akzent auf den Ostteil der Stadt. „Die kommende Legislaturperiode muss genutzt werden, um die noch bestehenden Unterschiede zwischen Westberlin und Ostberlin einzuebnen“, heißt es in dem achtseitigen Papier, das der taz vorliegt.

Als weitere Eckpunkte für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU werden Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, Bildungspolitik sowie soziale Stadtentwicklung genannt. Der Parteitag wird morgen Abend entscheiden, ob die SPD-Spitze auf dieser Grundlage Koalitionsverhandlungen aufnehmen darf.

Für den Ostteil der Stadt ist das geplante Programm zur Sanierung von Schulen und Sportstätten wegen der maroden Bauten besonders wichtig. Aber auch der Westteil der Stadt wird davon profitieren.

Auf Bundesebene will sich die Berliner SPD für einen Stufenplan einsetzen, der „in überschaubarer Zeit“ die Angleichung der Löhne von Ostbeamten an Westniveau vorsieht. Die SPD will das Thema nicht mehr der CDU überlassen, die damit im Wahlkampf aufgetrumpft hatte.

In Ostberlin sollen soziale Projekte künftig wie im Westteil der Stadt in die Regelförderung übernommen werden. Viele freie Träger im Ostteil der Stadt finanzieren sich nach wie vor über ABM-Stellen, was eine kontinuierliche Arbeit erschwert.

In dem Papier wird weiter festgestellt, dass in der Verwaltung Führungskräfte mit Ostbiografie nicht ausreichend vertreten sind. Daher soll in den nächsten Jahren ein „beträchtlicher Teil“ der Führungspositionen mit MitarbeiterInnen aus dem Ostteil der Stadt besetzt werden. Der Lichtenberger SPD-Kreisvorsitzende Andreas Geisel zeigte sich gestern zufrieden. Wie diese Ziele konkret umgesetzt werden können, sei aber noch offen, sagte Geisel: „Da steckt noch eine Menge Arbeit drin.“

Konfliktpunkte mit der CDU enthält das Papier allenfalls in der Verkehrspolitik. Die SPD will den innerstädtischen Autoverkehr „eindämmen“ und gleichzeitig den öffentlichen Nahverkehr ausbauen und beschleunigen. Auch hier liegt das Problem in der Umsetzung. Schon im Koalitionsvertrag 1995 hatten sich CDU und SPD zum Ziel gesetzt, den Anteil der Autos am innerstädtischen Verkehr auf 20 Prozent zu senken. Der Anteil des öffentlichen Nahverkehrs sollte auf 80 Prozent steigen. CDU-Verkehrssenator Jürgen Klemann hatte dies aber nicht vorangetrieben.

Die SPD will in den Koalitionsverhandlungen wesentliche Kernpunkte des Haushalts 2000 aushandeln und auch Zielzahlen für die gesamte Legislaturperiode festlegen. Am Kurs der Haushaltskonsolidierung hält die SPD fest.

Dorothee Winden