Wo Maatwerk aufhört, fangen wir an“

■ Die Kritik: Arbeitsvermittler in Bremen und Hamburg halten die holländische Agentur für einen profitorientierten „Kopfgeldjäger“

Der private Arbeitsvermittler Maatwerk hat Bewegung in den Arbeitsmarkt gebracht. Experten sind jedoch skeptisch, ob die Vermittlungsagentur für Langzeitarbeitslose ein Modell sein kann, Arbeitslosigkeit dauerhaft zu bekämpfen. „Es ändert sich doch nicht die Zahl der Arbeitsplätze, nur die Inhaber wechseln“, sagte Joachim Volz vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Stern.

Kritik gibt's auch am Vorgehen des Unternehmens aus Holland. „Maatwerk ist zu sehr auf den Vermittlungserfolg bedacht, sucht sich nur die fähigsten unter den Sozialhilfeempfängern heraus, kassiert das Kopfgeld und zieht weiter“, moniert Renate Sperling vom Zentrum für berufliche Qualifizierung und Beratung (Zebra) in Hamburg, das seinerseits schwer Vermittelbare auf den ersten Arbeitsmarkt vorbereitet. Bewerber mit komplexen sozialen Problemen blieben in der Kartei, meint Sperling. Am Ende landeten sie doch wieder beim Sozialamt.

„Wir arbeiten nur kurze Zeit am selben Ort, die Behörden führen unsere Arbeit nicht richtig fort, da mangelt es an Nachbetreuung“, kontert Maatwerk-Chef Jos Berends. Nur 30 Prozent der von Maatwerk Vermittelten arbeiten einer Auswertung zufolge auch nach längerer Zeit noch in dem für sie ausgesuchten Job. Gut 30 Prozent hätten nach etwa einem halben Jahr eine neue Anstellung, und fast 40 Prozent sind wieder „auf Stütze“. „Das ist nicht zufriedenstellend“, muss auch Berends zugeben. Aber bis sich das auf die Bilanz auswirkt, ist Maatwerk in der nächsten Stadt.

Ähnlich wie die Holländer arbeitet die Bremer Arbeits- und Vermittlungsagentur (bava), die im Auftrag des Bremer Arbeits- und Sozialamts seit Januar 80 Langzeitarbeitslose für 5.800 Mark pro Vermittlung in den 1. Arbeitsmarkt gelotst hat. „Nicht Maatwerk, sondern wir haben diesmal den Zuschlag erhalten. Man weiß: Wir sind näher dran an den Leuten, und unser Ziel ist eine unbefristete Anstellung“, sagt bava-Projektleiterin Elfie Dieke.

Wie Renate Sperling von Zebra in Hamburg stützt sich Dieke auf die Methodik von Fit-Groep Consultants aus dem holländischen Echt, deren Trainer die Arbeitsvermittler von bava und Zebra regelmäßig schulen. „Hilfe zur Selbsthilfe“ heißt das Motto der Firma, die seit ihrer Gründung 1997 vorwiegend im norddeutschen Raum ihre Auftraggeber hat und nach eigenem Bekunden intensiver in den Arbeitsuchenden investiert, als es Maatwerk durch seine Orientierung auf schnelle Erfolge vermag.

„Klar, Maatwerk war für Deutschland eine Offenbarung“, sagt Fit-Geschäftsführer John Jehae. Er stand als Pionier einst selbst in Diensten Maatwerks. „Aber wo Maatwerk den deutschen Markt quantitativ zu erobern versucht, richten wir unser Augenmerk auf die Zielgruppe, die auf der Strecke bleibt.“ Das ist die, „die nichts einbringt, die eine sehr lange Reaktivierungsphase braucht, bevor an Integration in den regulären Arbeitsmarkt überhaupt zu denken ist“.

In Interviewtrainings zeigen die Fit-Groep-Coaches ihren deutschen Partnern, wie man so unterschiedlichen „Problemfällen“ wie Analphabeten, Junkies oder Ex-Strafgefangenen „auf die Pelle rückt“. Wie man Arbeitgeber über die Vorzüge und Defizite eines Kandidaten aufklärt, der vom vertrauensbildenden Gespräch über das Nachbessern sozialer Fähigkeiten bis hin zur konkreten Vermittlung alle Stadien des „A-bis-Z-Prinzips“ von Fit-Groep durchlaufen hat: Kostenpunkt: 3.000 Mark pro Kandidat.

„Wo Maatwerk meint, bestimmte Leute ließen sich nun mal nicht vermitteln, fangen wir an zu graben“, sagt John Jehae. Dieses Konzept hat sein Unternehmen in einer Reihe holländischer Kommunen erfolgreich angewendet. „Die Kreativität des A-bis-Z-Prinzips steckt im Ansatz, seinem Klienten brauchbare Hinweise zu entlocken“, sagt Jehae. Hinweise wie die jenes 50-jährigen arbeitslosen Maurers mit kaputtem Kreuz, der sagte, er wolle Hubschrauberpilot werden. Eine Umschulung zum Piloten war zwar „unrealistisch“ (Jehae), aber bitte: Heute arbeitet er 15 Stunden die Woche in einem Flughafenhangar und 10 Stunden in einem Werk, das Flugzeugmodelle fertigt.