Hafenarbeiter: Eine aussterbende Gattung

■ Vollautomatisierter Containerterminal in Altenwerder geplant. Arbeiter protestieren

Es geschieht seit Jahren, schleichend, von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt. Der GAL-Abgeordnete Axel Bühler spricht von „massiven Umwälzungen“. Im Hafen verschwinden die Arbeitsplätze und werden durch Technik ersetzt. Die Hafenwirtschaft setzt auf den volltechnisierten Containerumschlag – der neue Containerterminal in Altenwerder soll praktisch vollkommen automatisiert werden, Arbeitsplätze braucht man dort kaum noch. Gut 1400 sind in den vergangenen fünf Jahren im Hafen abgebaut worden, und jetzt setzen sich die Hafenarbeiter zur Wehr.

Heute wollen die Beschäftigten des Gesamthafenbetriebs GHB demonstrieren und auf ihre Situation aufmerksam machen. Denn die GHB-Arbeiter sind am schlechtes-ten dran: Ihnen drohen Lohndrückerei, massive Kürzung von Weihnachts- und Urlaubsgeld und eine weitere Flexibilisierung bei den Arbeitszeiten.

Im Gesamthafenbetrieb sind die fast 1000 Hafenarbeiter zusammengefasst, die nach Bedarf an die Unternehmen der Hafenwirtschaft verliehen werden – sie werden immer dorthin geschickt, wo gerade im Umschlag etwas zu tun ist. Eine Konstruktion, auf die sich Hafenwirtschaft, Stadt und die Gewerkschaft ÖTV vor fast 50 Jahren geeinigt haben. „Wir machen das, was früher im Hafen die Tagelöhner erledigten“, sagt Georg Schömann, Arbeiter und Mitglied im „Aktionskomitee zur Sicherung des GHB“ – mit dem Unterschied, dass die heutigen Arbeiter speziell fürs Arbeiten mit den Containern qualifiziert sein müssen und daher von den Firmen auch gebraucht werden.

Noch, denn die Hafenwirtschaft sinnt nach Auswegen, die Kosten zu senken. Technik statt Menschen, das ist ein Weg. Der andere ist, den Umschlag zunehmend aus dem Hafen auszugliedern, um der Tarifbindung im Hafengebiet zu entgehen. „Da wird dann der Container eben ins Umland verfrachtet und dort erst umgeschlagen“, schildert Schömann. Auch die GAL beobachtet diese Entwicklung mit Sorge. Ihr hafenpolitischer Sprecher Axel Bühler möchte deshalb in einer Anfrage vom Senat wissen, wie dieser die Ausgliederungen und den Arbeitsplatzabbau bewertet. Eine Antwort der Wirtschaftsbehörde wird für heute erwartet.

Durch die Technisierung im Hafen fallen immer weniger Schichten für die Hafenarbeiter des GHB an. Da sie aber nach wie vor nach Tarif bezahlt werden, aber weniger zu tun haben, wächst das alljährliche Defizit des GHB. Schömann nennt noch ein weiteres Problem: Zum Pool der Arbeiter gehören zahlreiche Leute, die 30 oder 40 Jahre im Hafen geschuftet haben und jetzt die Arbeit körperlich und von der Qualifizierung her nicht mehr schaffen. Für die Hafenwirtschaft ein Kostenfaktor, den sie jetzt massiv loswerden will. Ihre Forderungen: 20 Prozent weniger Weihnachts- und Urlaubsgeld, Reduzierung der Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich, Verpflichtung zur Sonntagsarbeit bei Bedarf. Ansonsten steht die Drohung im Raum, den GHB aufzulösen und das Ganze einer billigeren und nicht mehr tarifgebundenen Zeitarbeitsfirma zu übertragen.

Und dann, fürchten die Arbeiter, werden sie überhaupt nicht mehr gebraucht. Peter Ahrens