Sensation, Museen etc.
: Der Dung stinkt nach Geld

■ In New York verliert Bürgermeister Giuliani vor Gericht gegen „Sensation“: Auch young british art ist laut Verfassung geschützt

Rudolph Giuliani muss weiter zahlen. Jeden Monat. An das Brooklyn Museum. Noch im September hatte New Yorks Bürgermeister angekündigt, dass er Fördermittel von jährlich 7,2 Millionen Dollar einstellen werde, weil das Museum die Ausstellung „Sensation“ übernommen hat (siehe taz, 27. 9.).

Dabei war Giuliani besonders erbost über ein Bild von Chris Ofili, das die „Heilige Jungfrau Maria“ mit Elefantendung verziert zeigt. Für Giuliani ist eine solche Darstellung „krank“ und eine „Verhöhnung von Religion“, weshalb er die gesamte Präsentation von „Sensation“ verbieten wollte. William Donahue von der Katholischen Liga erklärte noch zwei Wochen vor der Eröffnung aus Wut über die Arbeiten des afrobritischen Malers Ofili: „Kein Wunder, dass selbst Adolf Hitler als Künstler anerkannt wurde. Er brauchte sich ja bloß als ein solcher zu bezeichnen und schon war er in Künstlerkreisen willkommen.“

Die Ausstellung wurde am 2. Oktober eröffnet, trotz der Hetzkampagne von Donahue und Giulianis Drohungen. Am Montag hat nun ein New Yorker Bezirksgericht entschieden, dass der Bürgermeister mit seiner einstweilig verfügten Streichung der Gelder für das Brooklyn Museum gegen das First Amendment, also das Recht auf freie Meinungsäußerung verstoßen habe. Zur Begründung heißt es im Urteil der Richterin Nina Gershon, dass „Sensation“ „trotz aller Kontroversen von anderen anerkannten Museen als öffentlich ausstellenswert beurteilt wird“. Das kann als Sieg von Fachleuten über den Geschmack konservativer Politiker gewertet werden.

Zugleich warnte Gershon aber auch davor, dass kein Gegenstand der US-Rechtssprechung so ernst ist wie „der Versuch einer Regierung, Zensur auf künstlerische Werke auszuüben und die Beständigkeit einer herausragenden Institution des kulturellen Lebens zu bedrohen, um sie dafür zu bestrafen, dass sie nicht dem Willen der Regierung entspricht“. Das wiederum nennt man wohl einen Sieg der Demokratie.

Trotzdem will sich Giuliani nicht geschlagen geben. Der Bürgermeister sieht in dem Urteil eine „Kurzschlussreaktion“: „Man benutzt das First Amendment als Schutzschild, um dem Steuerzahler das Geld aus der Tasche zu ziehen und es in die Taschen von Multimillionären zu stopfen“, so Giuliani. Offenbar gibt es auch für diese Anschuldigungen einige Belege. So wurden im Vorfeld von „Sensation“ für die Ausstellung Spenden von New Yorker Galeristen akzeptiert, die zugleich einen Teil der beteiligten Künstler und Künstlerinnen vertreten. Nach einem Bericht der New York Times vom Sonntag soll das Auktionshaus Christie's 160.000 Dollar gespendet haben, um sich private Führungen für ausgewählte Sammler zu sichern. Laut Statuten des Brooklyn Museums darf aber keine Kunst öffentlich ausgestellt werden, die zum Verkauf angeboten ist. Bislang hat Charles Saatchi, aus dessen Sammlung „Sensation“ sich zusammensetzt, keines der Werke für eine Auktion freigegeben. Harald Fricke