Medikament mit Manko

■ Abtreibungspille kommt auf den Markt. Zusatzmittel immer noch nicht zugelassen

Hamburg (taz) – In wenigen Wochen wird es so weit sein: Dann können sich auch deutsche Frauen bei einem Schwangerschaftsabbruch zwischen Medikament und Operation entscheiden. Die Femagen-Arzneimittel GmbH aus dem bayerischen Holzkirchen wird Ende November die Abtreibungspille Mifegyne nach Deutschland importieren. Gestern stellte das eigens dafür gegründete Unternehmen das Präparat in Hamburg vor. Dr. Petra Schöttler, Geschäftsführerin von Femagen, sagt: „Wir sind der Meinung, dass medizinischer Fortschritt zur Verfügung gestellt werden muss. Mifegyne ist medizinischer Fortschritt und darf deshalb den Frauen in Deutschland nicht länger vorenthalten werden.“ Auch der Berufsverband der Frauenärzte begrüßt die Markteinführung: „Mifegyne bringt Vorteile gegenüber dem sonst üblichen instrumentellen Eingriff“, sagte Professor Martin Link, zweiter Vorsitzender des Berufsverbandes der Frauenärzte. Als ein Vorteil gilt, dass die Frau das Geschehen bewusster erlebt und dadurch besser verarbeiten kann. Das betonte Hermine Baumann, Leiterin der Pro-Familia-Schwangerschaftsberatungsstelle München-Schwabing. Nach Aussagen von Dr. Petra Schöttler verfolgt Femagen mit dem Verkauf von Mifegyne keine wirtschaftlichen Interessen. Der Gewinn fließt in die Femagen-Foundation, deren Zweck es ist, ungewollte Schwangerschaften durch Aufklärung zu verhindern. Wie für den chirurgischen Eingriff gilt auch für Mifegyne die Beratungspflicht. Die Pille kann bis sieben Wochen nach der letzten Periode eingenommen werden, ein chirurgischer Abbruch kann hingegen bis zum Ende der 14. Woche erfolgen. Obwohl deutsche Frauen nun endlich die gleichen Möglichkeiten haben, wie es sie für Frauen in Schweden, Großbritannien und Frankreich schon lange gibt, ist in Deutschland noch nicht alles geklärt. Nach der Einnahme von Mifegyne muss die Frau zwei Tage später zusätzlich Prostaglandin einnehmen. Hier genau liegt ein Knackpunkt. „Mit Mifegyne vertreiben wir zwei Prostaglandin-Präparate“, sagte Petra Schöttler. Die schonenderen Cytotec-Präparate, die beispielsweise in Frankreich gegeben werden, „können deutsche Ärzte im Rahmen ihrer Therapiefreiheit geben“, so Schöttler. Im Klartext: Cytotec-Präparate sind für Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland noch immer nicht zugelassen. Die Patientin muss beim Arzt unterschreiben, dass sie die entsprechenden Risiken selber trägt.

Sandra Wilsdorf