„Gnadenlos dämlich“

■ Bremer Forscher untersucht die Lachkultur

Der Bremer Professor und Kulturwissenschaftler Rainer Stollmann hat sich ganz ernsthaft mit der Lachkultur der Bundesdeutschen auseinandergesetzt. „Durch nichts bezeichnen die Menschen mehr ihren Charakter als durch das, was sie lächerlich finden“, zitiert Stollmann Goethe.

Dabei hat er mit Heinz Erhardt, Loriot, Otto Waalkes und Helge Schneider einige der größten Komiker der deutschen Nachkriegszeit unter die Lupe genommen. Heinz Erhardt steht bei Stollmann für die heitere Unschuld, für den sprachwitzigen Komiker des Wirtschaftswunders, der gelegentlich zynisch werden konnte.

Vicco von Bülow alias Loriot ist für den Lachexperten die „schönste Pflanze“ der deutschen Komik. In einer Zeit großer privater Ratlosigkeit kurz nach dem Krieg habe er die Rolle des öffentlichen Ratgebers übernommen, augenzwinkernd und zuweilen absurd.

Während sich Otto Waalkes in großer antiautoritärer Geste zum komischen Kristallisationspunkt der 68er-Bewegung ulkte, konnte sich Stollmann erst allmählich einen Reim auf den neuzeitlichen Helge Schneider machen. Waalkes bearbeitete auf der Bühne die Angst vor der Rebellion. Aber wofür steht Schneider als „singende Herrentorte“? Die Antifigur zum aalglatten Entertainer offenbare die gnadenlose Dämlichkeit der deutschen Schlagerbranche, lautet Stollmanns These. epd