Krieg kriegt keinen hinterm Ofen hervor

■ Schwacher Protest gegen den Krieg in Tschetschenien. Bis auf einzelne Aktionen vor der russischen Botschaft passiert nichts

Die gute alte Zeit der großen Anti-Kriegs-Demos scheint endgültig vorbei. Nur ein kleines Häufchen Bündisgrüner und Tschetschenen versammelt sich gestern vor der russischen Botschaft, um gegen den russischen Einmarsch in der Kaukausrepublik zu protestieren. Zwei grüne Fahnen baumeln schlaff über ihren Köpfen. Ismail Kosan, migrantenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion und Organisator der Demo, hätte sich gewünscht, dass wenigstens mehr Tschetschenen kommen. Doch selbst die hätten nur halbherzig mitgemacht. Noch vor zwei Tagen sei unklar gewesen, ob sie überhaupt das einzige Plakat fertig malen könnten, so Kosan. 300 tschetschenische Haushalte gebe es nach der letzten Zählung in Berlin, so einer der wenigen Anwesenden.

Mehr grüne Parteifreunde hatte Kosan nicht erwartet, es sei schließlich ein Arbeitstag. Er ist sich sicher: Ohne ihn wäre überhaupt keiner da. Sein Vorschlag zu dieser Protestaktion sei gut angekommen, nur organisieren wollte sie keiner. Also habe er, wie so oft, alles alleine gemacht, von der polizeilichen Anmeldung über die Flugblätter bis hin zur Rede.

„In Tschetschenien geschieht ein Genozid!“, ruft er ins Megafon. „Wir erwarten klare, energische, entschiedene Worte auf Bundesebene“, sagt er – und ergänzt, nachdem er das Megafon heruntergenommen hat: „Ich erhoffe gar nichts.“ Die rot-grüne Bundesregierung stehe auf dem Standpunkt, Russland sei ein alter Bär, der nicht geweckt werden dürfe.

Immerhin dürfen die Protestierenden ihre Forderungen persönlich in der Botschaft vortragen. Der neue Fraktionsvorsitzende der Grünen, Wolfgang Wieland, wird eingelassen. Schon nach etwa zehn Minuten kommt er zurück: „Sie schicken uns ihre Antwort per E-Mail.“

Weiter ist auch die PDS mit ihrer Mahnwache am vergangenen Freitag nicht gekommen. Zwölf Parteifreunde harrten anderthalb Stunden vor der Botschaft aus. Eine, die dabei war, erzählt, in der Fraktion sei man der Meinung gewesen, man müsse doch jetzt mal ein Zeichen setzen. Ob größere Aktionen geplant sind, wusste im Landesverband und in der Fraktion niemand.

Bevor sich das Häufchen Bündnisgrüner gestern zertreut, mahnt Wieland noch: „Schon um unsere Glaubwürdigkeit zu wahren, muss mehr passieren.“ Was, weiß auch hier noch keiner. „Große Anti-Kriegs-Aktionen von den Grünen wird es wohl nicht geben“, mutmaßt Kosan. Seine Partei sei schließlich nicht mehr das, was sie einmal war. Karen Heinrichs