Handbreit Wasser unterm Hals

Das Feindbild beim heutigen Werften-Aktionstag heißt Asien. Konkurrenz aus China bereitet Hamburger Sietas-Werft Sorgen  ■ Von Peter Ahrens

Immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel wünschen sich die Schiffbauer bei Stapelläufen. Das Wasser ist inzwischen angestiegen und steht den deutschen Werften bis zum Hals. Wenn heute am internationalen Werften-Aktionstag in Hamburg bei Blohm+Voss und bei Sietas oder auf der Peterswerft in Wewelsfleth demonstriert wird, dann wird immer wieder ein Feindbild beschworen: Das heißt Asien und zerstört mit seinem Preisdumping die Grundlage des deutschen Schiffbaus.

Beispiel Sietas: Die Werft in Neuenfelde baut kleinere Schiffe für 500 bis 600 Container und muss sich mit der Konkurrenz aus China auseinandersetzen. „Entweder man macht deren Preiskampf mit, oder man kann es gleich sein lassen“, heißt es aus der Geschäftsführung. Die Folge: Die Preise verfallen, es wird viel zu viel produziert, die Frachtraten gehen nach unten.

So sind die Auftragsbücher zwar voll, die Werft bis Ende nächsten Jahres ausgelastet, doch verdient wird fast nichts mehr. Die 1240 Werftarbeiter machen sich Sorgen um ihre Arbeitsplätze, auch wenn das Unternehmen noch beruhigt: „In der Geschichte der Sietas-Werft sind noch nie Leute entlassen worden.“ Man löst das anders: Es gibt keine zusätzlichen Neueinstellungen, freigewordene Stellen werden nicht wieder besetzt.

Seit 1990 sind im deutschen Schiffbau zwei Drittel der Arbeitsplätze vernichtet worden. Die Preise im Handelsschiffbau sind genauso im Sturzflug: Ein mittelgroßes Containerschiff wurde man 1993 noch für 70 Millionen Dollar los. Jetzt bekommt man dafür noch 42 Millionen. Schon jetzt ist der Schiffbau in der Hafenstadt Hamburg keine dominierende Größe mehr: Bei Blohm+Voss, dem einstigen Werften-Flaggschiff, hat man sich aufs Reparieren von Schiffen verlegt, um noch eine Chance am Markt zu haben. Bundesregierung und Hamburger Senat pumpen im kommenden Jahr 30 Millionen Mark Subventionen in die Hamburger Werften.

Beispiel Peterswerft an der Unterelbe: Die Arbeitsplätze auf der Werft sind laut Gewerkschaft „akut bedroht“. Dabei geht es immerhin um 1500 Menschen, die ihr Geld auf der Werft oder bei Zulieferbetrieben in der Umgebung verdienen. Hier drückt die koreanische Konkurrenz. „Das Ende der Fahnenstange ist erreicht“, sagt Uwe Zabel von der IG Metall-Verwaltungsstelle Elmshorn. „Wir wissen nicht, was im nächsten Jahr mit unseren Arbeitsplätzen wird.“

Die Schiffbauer glauben, nur durch Handelssanktionen gegen Korea und China überleben zu können. Ansonsten werden bei Sietas Durchhalteparolen gepflegt: „Entweder kommen wir aus der Krise raus, oder wir gehen alle gemeinsam unter.“ Dann steht das Wasser über Kopf.