Opposition muss ausreichend vertreten sein“

■ Martina Michels, PDS-Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses, will den Anspruch ihrer Fraktion auf den repräsentativen Posten notfalls mit einer Klage vor dem Verfassungsgericht durchsetzen

taz: Frau Michels, Sie sind seit Mai 1996 Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses und wollen es auch bleiben. Obwohl es nur noch zwei statt wie bisher drei Stellvertreter gibt. Hängen sie zu sehr an ihrem Job?

Michels: Nein, natürlich ist das keine Frage einer personellen Besetzung . Hier geht es um die Frage der politischen Kultur in der Parteienlandschaft und darum, ob zukünftig eine Oppositionsfraktion als Repräsentantin des Abgeordnetenhauses tätig wird oder ob das ausschließlich eine Frage der Regierungsparteien ist.

Was spricht dagegen, wenn die beiden stärksten Fraktionen Präsident und Stellvertreter stellen?

Dagegen spricht vor allem, dass diese drei Funktionen, also Präsident und die beiden Stellvertreter, die Aufgabe haben, das Parlament in seiner Gänze nach außen und nach innen zu vertreten. Und da stellt sich die Frage, ob man die politischen Realitäten nach der Wahl vom 10. Oktober zur Kenntnis nimmt oder ob man an der Politik der Stärke festhalten will und die Politik in dieser Stadt ausschließlich von den Regierungsparteien verdeutlicht wird.

Dann können sie auch nicht viel dagegen haben, wenn jetzt die Grünen an der Reihe wären. Die hatten in der in der letzten Legislaturperiode keinen eigenen Vizepräsidenten.

Uns geht es in dieser Frage darum, dass die Opposition in der Repräsentanz des Hauses zukünftig vertreten sein wird. Die Frage, welche Oppositionspartei das macht, ist dabei eine zweitrangige, wobei auch hier das Wahlergebnis klare Aussagen macht.

Ist der Posten denn so wichtig? Viel gehört hat man von den Vizepräsidenten jedenfalls nicht.

Die Funktion ist wichtig, weil sie nach außen verdeutlicht, wie die politische Stärke des Parlaments zusammengesetzt ist.

Wie wollen Sie ihre Forderung durchsetzen?

Es gehört zur politischen Selbstverständlichkeit, dass die Opposition hier in ausreichendem Maße vertreten ist. Wir sind als Fraktion bereit, notfalls unser Recht juristisch einzufordern.

Also der Gang vor das Verfassungsgericht.

Ja, wobei der erste Schritt die vielfach auch von Seiten der CDU angekündigte politische Normalität, also ein Ende der Ausgrenzungspolitik, sein müsste.

Interview: Thorsten Denkler