Genossen warten auf die Bescherung

■  Am Sonntag beginnen die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU. Die Sozialdemokraten versuchen, aus ihrer eigenen Schwäche Kapital zu schlagen. Landowsky will ihnen nichts schenken: „Es ist nicht Heiligabend“

Die Koalitionsparteien wollen den BerlinerInnen bis Weihnachten einen neuen Senat bescheren. Nachdem der SPD-Landesparteitag am Mittwochabend grünes Licht für Koalitionsverhandlungen gegeben hat, haben sich die Delegationen von CDU und SPD für Sonntagnachmittag zum ersten Rendezvous verabredet. Vorher stehen allerdings noch Abrüstungsgespräche an: Beide Seiten müssten sich „auf die jeweils gleiche Anzahl“ von Unterhändlern verständigen, sagte CDU-Landesgeschäftsführer Matthias Wambach gestern. Während die CDU ihre fünfköpfige Verhandlungskommission längst bestimmt hat, wird die SPD morgen eine elfköpfige Delegation benennen – schließlich gilt es, alle Strömungen der Partei zu berücksichtigen.

Verglichen mit den anstehenden Konfliktpunkten ist dieser Zahlenstreit eine Petitesse, aber er ist symptomatisch für die gesamten Verhandlungen – geht es doch für die CDU vor allem darum, der SPD-Führung ein vorzeigbares Verhandlungsergebnis zu bescheren. Nur dann wird ein weiterer Sonderparteitag der Genossen einer neuerlichen Koalition endgültig zustimmen. Das knappe Ergebnis vom Mittwoch kommt der SPD-Delegation sehr gelegen. Hätte die Zustimmung der Delegierten die 60-Prozent-Marke nach oben durchbrochen, wäre das Drohpotential der Genossen geschrumpft. Gleichwohl mühte sich CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky, die Ansprüche der SPD nicht in den Himmel wachsen zu lassen: „Es nicht Heiligabend, dass man den Sozialdemokraten ein Geschenk darbringt.“

Streit wird es bei den Verhandlungen vor allem um die Haushalts-, Innen- und Bildungspolitik geben. Zwar haben sich beide Parteien darauf geeinigt, die Sparpolitik fortzusetzen. Ob die CDU das von der SPD geforderte Tempo akzeptiert, ist aber noch offen. Widerstand werden die Genossen auch der CDU-Forderung nach einem schärferen Polizeigesetz entgegenbringen. Und das Feld der Bildungs- und Wissenschaftspolitik, das Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing unter dem Schlagwort „Stadt des Wissens“ für die SPD reklamierte, wird die Union nicht kampflos aufgeben.

Umgekehrt stößt die CDU mit ihrer Ablehnung des Modellversuchs zur Heroinabgabe, mit ihrer autofreundlichen Verkehrspolitik und mit ihrem Konzept zur Wiedereröffnung des Metropol-Theaters auf wenig Gegenliebe bei der SPD. Auch über den Wunsch der Genossen, wieder die Hälfte der Senatsmannschaft zu stellen, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Ralph Bollmann

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