Gemütliche Schnösel

In Hamburg fahren die meisten Mercedes-FahrerInnen Deutschlands. Einparken ist an der Elbe ein echtes Lebensthema  ■ Von Peter Ahrens

Die HamburgerIn hat ein Problem: Die Parklücke. Sie ist zu klein für die weltoffene großherzig denkende HanseatIn. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Da gibt es sogar eine Studie drüber – die zum Selbstbild Hamburger AutofahrerInnen.

„Sind hanseatische Parkhäuser und -lücken enger als anderswo?“, fragt besorgt die Studie der Versicherung Sicher Direkt. 61 Prozent der HamburgerInnen behaupten, dass man beim Aussteigen häufig mit der Tür ans Nachbarauto stößt, und das sind sagenhafte neun Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Das Problem gibt es mit dem Fahrrad übrigens nicht. Nur so als Tipp.

Angst vor Enge, ganz klar. Deswegen müssen die Autos ja auch gleich besonders groß sein. 14 Prozent der AutofahrerInnen in Hamburg kurven im Mercedes Benz um die Alster. Der Rest der Repubik steht abseits und ist neidisch – der bringt es nämlich nur auf sieben Prozent, die einen Benz in der Garage stehen haben. Aber am schlimmsten sind sowieso die BMW-Fahrer. Hat auch die Studie herausgefunden. Männer sind schon schlimm. Junge Männer sind ganz schlimm. Und junge Männer im BMW sind die allerschlimms-ten. Die drängeln und rasen nur noch. Audi-Fahrer sollen sich jetzt nichts drauf einbilden. Die liegen zusammen mit Mercedes auf Platz zwei der offiziellen Rüpel-Skala.

Die HamburgerIn ist gemütlich, ihr macht auch Regen und Eisglätte am Steuer nichts aus – behauptet sie. Die Hektiker in Berlin, die dem Aufschwung hinterher Stressenden in Leipzig, die dauernd vom Schaffen redenden in Stuttgart – alle können sich eine Hamburger Scheibe abschneiden. Der Wert von 70 Prozent zur FahrerIn-Aussage „Ich fahre gemütlich“ ist bundesweit unerreicht. Ein bedächtiges Volk, das da hinterm Elbdeich lebt.

In der Ruhe liegt die Kraft. Keine Angst vor der Angst. Niemandem in Deutschland machen Raser auf der Autobahn so wenig Kummer wie der HamburgerIn, behauptet die HamburgerIn, behauptet die Studie. Die innere Unruhe kommt erst mit der Ohnmacht: 59 Prozent in Hamburg reagieren unwohl, wenn sie nur auf dem Beifahrersitz hocken, und suchen heimlich mit den Füßen nach dem Gaspedal.

Die HamburgerIn ist schnöselig. Immer schon geahnt, durch die Studie bewiesen. 84 Prozent sagen: Auf dem Land wird anders gefahren als in der Stadt. Es klingt unausgesprochen mit, anders heißt schlechter. Nur wer in Hamburg Auto fährt, fährt richtig Auto.

Vier Jahre hat Sicher Direkt für die Studie Verkehrspsychologie betrieben, teilt sie stolz mit. Man muss diesen fleißigen Leuten leider mitteilen: Vier Jahre verschenkt. Denn da laut Bild, Hamburger Abendblatt und Mopo in Hamburg überhaupt niemand Auto fährt, da alle nur im Stau stehen, kann man die ganzen Zahlen sowieso vergessen.