■ Die Steuerschätzung geht hoch, die Steuersätze müssen runter
: Weg vom Blockadeimage

Die rot-grünen Steuermänner haben sich in eine verzwickte Lage manövrieren lassen: Sie sind es zwar, die Hand anlegen an die horrend hohen Abgaben an den Staat, aber das kommt bei den Menschen nicht wirklich rüber. Stell dir vor, die Regierung senkt die Steuern – und keiner weiß, wer's war. So stellt sich derzeit das verwirrende Bild in der Öffentlichkeit dar.

Dabei hat die Schröder-Regierung gleich zu ihrem Antritt eine für deutsche Verhältnisse gigantische Steuerentlastung beschlossen. Nach Dezennien steigender Abgabenlast in Deutschland ist damit ein echter Kurswechsel eingeleitet worden: weg vom alles vereinnahmenden Steuerstaat hin zur finanziellen Befreiung des Bürgertums. Zweistellige Milliardenbeträge geraten nun nicht mehr ins behäbige Schaufelwerk staatlicher Bürokratien, sondern verbleiben in den Händen derer, die damit den Wohlstand der Nation mehren können: bei Bürgern und Unternehmern. Endlich kommt die Steuerentlastung wirklich in Gang.

Dennoch finden sich jene, die die „Steuern senken!“-Strategie wieder zur Geltung gebracht haben, in einer merkwürdigen Situation. Die SPD-Finanzkapitäne Lafontaine und Eichel sowie die treibenden Kräfte der Grünen, Scheel und Metzger, müssen sich von allen Seiten als Bremser beschimpfen lassen. Die Steuern würden gar nicht gesenkt, behaupten manche Lobbyisten frech. Und den schwarz-gelben Vorgängern der Schröder-Administration gehen die Schritte nicht weit genug.

Die Opposition erstrahlt im Glanz ihrer Steuersenkungsrhetorik. Das ist natürlich widersinnig. Denn die Zögerer und Zauderer der letzten 16 Jahre Steuerpolitik heißen CDU und CSU, und die immerhin 30 Jahre regierende FDP hatte die Steuererleichterung immer nur im Programm – aber nie die Potenz, sie auch durchzusetzen.

An dieser verkehrten Welt in der Steuerdiskussion sind die rot-grünen Politikstrategen auch selbst schuld. Sie agieren viel zu rückwärts gewandt. Anstatt etwa den gerade auf zehn Milliarden Mark taxierten Anstieg der Steuereinnahmen zu einer neuen finanzpolitischen Offensive zu nutzen, beharren Eichel und Co. wie trotzige Buchhalter darauf, dass sie die Steuern doch längst gesenkt hätten. Das ist nicht falsch. Nur ist das keine Botschaft für die Menschen im Land. Sondern es hat den Leierton einer Drehorgel: Das „Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002“ hat nicht nur einen umständlichen, schwer verkäuflichen Namen. Es stammt aus dem März dieses Jahres. Kaum jemand also verbindet es noch mit aktuellen Entwicklungen – etwa der Steuerschätzung, die dem Schröder-Budget gestern eine so erfreuliche Zwischenbilanz bescherte.

Klar, das unerwartete Plus bei den Finanzämtern ist kein Grund, die eben begonnene Etat-Konsolidierung zu widerrufen. Aber es bietet die Chance, die Steuern für die arbeitende und gewerbetreibende Bevölkerung gleich weit abzusenken. Bislang kniffeln Eichels Beamte vergeblich daran, wie das zu schaffen wäre. Jetzt ist der finanzielle Spielraum für eine verfassungskonforme Lösung da. Sinkende Steuern erfreuen das Volk, kurbeln die Wirtschaft an – und unterstützen die wichtigste Aufgabe von Koalition und Gesellschaft, den Abbau der Arbeitslosigkeit. Worauf also warten? Warum sich als Steuerblockierer bezichtigen lassen? Christian Füller