Transrapid macht Sprung nach vorn

In China endet der Besuch von Kanzler Schröder mit deutschen Sorgen um den Transrapid. Grüne Bundestagsvizepräsidentin soll Dialog organisieren   ■  Aus Peking Georg Blume

Wer sagt denn, dass Grüne und Chinesen nicht miteinander können? Der chinesische Partei- und Staatschef Jiang Zemin hat sich gestern im Gespräch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Abschluss von dessen Besuch in der Volksrepublik für eine Vertiefung des Dialogs über die beiderseitigen Rechtssysteme ausgesprochen. Der soll nach Schröders Wunsch auf deutscher Seite von der grünen Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer organisiert werden. Premierminister Zhu Rongji begrüßte Vollmer mit offenen Armen und erkundigte sich sogleich nach ihrem Interesse für Tibet – ein Thema, das die Grüne während der letzten Jahre bereits dreimal zu hochrangigen Gesprächen nach China geführt hatte.

Die Sache ist verhakt: Trotz des unlängst in Paris von Jiang Zemin erneuerten Gesprächsangebots an den Dalai Lama liegen alle Kontakte zwischen Peking und den Exil-Tibetern auf Eis. Chinas Regierung fordert ein Bekenntnis des Dalai Lama zur territorialen Integrität der Volksrepublik einschließlich Taiwans, von dem dieser meint, dass er es bereits gegeben habe, indem er auf die Forderung nach der Unabhängigkeit Tibets verzichte und lediglich einen echten Autonomiestatus verlange.

An dieser Stelle kommt auch Vollmer bei ihrem Bemühen um die Vermittlung eines Dialogs bisher nicht weiter. Der angestrebte Rechtsdialog soll deshalb auch helfen, die Kanäle in der Tibet-Frage offen zu halten. Damit scheint Vollmer vor innerparteilicher Kritik nicht gefeit: Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung ist nämlich der Grüne Fischer-Freund Gerd Poppe, der zwar von China nicht viel versteht, aber sich jetzt zurückgesetzt fühlen dürfte.

Vorherrschendes Thema am letzten Tag von Schröders China-Besuch war die Wirtschaftskooperation. Trotz des anfänglichen Kanzlerversprechens, er fahre nicht wie sein Vorganger zur Unterzeichnung von Verträgen nach Peking, war gestern eine Absichtserklärung für den Bau einer 50 bis 100 Kilometer langen Transrapid-Teststrecke zwischen Thyssen und dem chinesischen Wissenschaftsministerium das stolze Vorzeigeergebnis der Reise. Natürlich weiß noch niemand, wann, wo und genau mit welchem Geld die Strecke gebaut werden soll. Und deutsche Regierungskreise betonten, dass man sich noch im Vorfeld der eigentlichen Entscheidungen befinde.

Doch den nun angedachten Bau der 2000 Kilometer langen Transrapid-Strecke als „visionär“ zu bezeichnen fiel dem Bundeskanzler nicht schwer. Wenngleich das keine Folgen für die Transrapid-Diskussion in Deutschland haben soll, wie nicht nur Schröder in Peking, sondern auch ein Sprecher der Grünen in Berlin auffällig besorgt beteuerte. Darin läge jedoch die Pointe der Geschichte: Chinas Transrapid-Interesse, das sich durch die größere Wirtschaftlichkeit der Magnettechnik auf einer so langen Strecke wie zwischen Peking und Shanghai rechtfertigt, könnte den mit ideologischem Eifer geführten Streit um diese Technik in Deutschland entschärfen – vorausgesetzt, man sähe zu Hause ein, dass deutsche Ingenieurskunst nicht immer zuerst in Deutschland umgesetzt werden muss. In Peking war zu beobachten, wie eifrig sich die mitgereisten Medienvertreter um das Transrapid-Thema bemühte. Endlich ließ sich aus der Ferne wieder an die Menschheitsprobleme zwischen Hamburg und Berlin denken.