Gericht als Politik-Ersatz

■ Am Donnerstag entscheiden Verfassungsrichter über den Finanzausgleich und damit darüber, ob Hamburg pleite geht

Im Streit um den Länderfinanzausgleich geht Hamburgs Finanzsenatorin Ingrid Nümann-Seidewinkel (SPD) davon aus, dass in der kommenden Woche das Bundesverfassungsgericht Eckpunkte für eine Neuregelung ab 2004 vorgeben wird.

Im Jahre 2004 laufe der 1993 gefundene Kompromiss der Länder aus, der die neuen Bundesländer und Berlins in das Ausgleichssystem einbezogen habe, sagte die Politikerin. „Meine Einschätzung ist, dass wir mit der Entscheidung des Gerichts ein Regelwerk bekommen werden, nach dem sich die Länder bei ihren Verhandlungen richten müssen.“

Das Bundesverfassungsgericht wird am Donnerstag seine Entscheidung über die Klagen der Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen bekanntgeben. Nach Ansicht der drei Länder aus dem Süden verzerrt das gegenwärtige System des Finanzausgleichs die Verhältnisse von wirtschaftsstarken und -schwachen Ländern.

Für Hamburg, selbst eines der Länder, das als wirtschaftsstark gilt und deshalb in den Topf einzahlt, ist besonders der Angriff auf die so genannte Einwohnerwertung problematisch, mit der dem höheren Finanzbedarf der Stadtstaaten Rechnung getragen wird. „Der Wegfall würde für die Hansestadt eine Mehrbelastung von 1,5 Milliarden Mark jährlich bedeuten und allen Sparanstrengungen zuwider laufen“, sagte die Senatorin.

Nach einem wissenschaftlichen Gutachten erbringt Hamburg eine Wirtschaftsleistung, die weit bis nach Süddeutschland reiche. Allein die von der Hansestadt ausgehenden Impulse für andere Länder beliefen sich auf rund 4,6 Milliarden Mark pro Jahr. Außerdem habe Hamburg im vergangenen Jahr 612,9 Millionen Mark in das System des Finanzausgleichs eingezahlt. „Das waren 360 Mark pro Einwohner“, sagte Nümann-Seidewinkel.

Mit Sorge sieht die Politikerin, dass die Karlsruher Richter Aufgaben der Politik übernehmen. „Es ist die Aufgabe der Politik, einen Kompromiss hinzubekommen, auch wenn am Ende keiner so richtig zufrieden damit ist.“ Deshalb sei es problematisch, wenn das Gericht festlege, welche Vorschläge die Politik auszuarbeiten habe. lno