Berliner Witzigkeiten

■ „Die Terzenbrecher“ begeisterten a capella in der ausverkauften Glocke

Als sie zum ersten Mal in Bremen waren, war der kleine Glockensaal nicht einmal halbvoll. Als sie zum zweiten Mal da waren, kamen zwei Drittel. Und als sie jetzt da waren, war der Saal ausverkauft. Was hat sich da bloß herumgesprochen hinsichtlich der Qualitäten der „Terzenbrecher“?

Fünf bekennende musikalische Laien aus Berlin bilden das Vokalquintett „Die Terzenbrecher“. Seit zehn Jahren, seit Studienzeiten, sind ein Musikwissenschaftler, ein Theologe, ein Arzt, ein Buchbinder und ein Biologe zusammen und probieren sich in ihrer Freizeit an der edlen Kunst des a-capella-Gesanges, in der Stimmbesetzung nach ihrem großen Vorbild der Comedian Harmonists .

Vier Programme gab's in zehn Jahren: „Laß mich dein Badewasser schlürfen“, „Dollsche wita“, „Diner for five“ und nun: „Rhapsodia infernale“. Die Arrangements der Lieder aus den zwanziger Jahren, der Titel aus Rock, Pop und Jazz der Sechziger schreibt der Musikwissenschaftler Reimar Westendorf. Das szenische Paket konzipieren alle. Diesmal war's ein Schreibbüro, das gegen Geld für alle Gelegenheiten Texte liefert, Substanz genug für Komik aller Art, wenn sich „Liebling, mein Herz läßt Dich grüßen“ an die Schreibmaschine richtet oder aber wenn der, der solche Sehnsucht nach verruchtem Aussteigen hat, zugeben muss: „Aber die Nora läßt mich nicht verkommen.“

Überzeugten die empfindlich ausgehorchten und manchmal traumhaft schönen Arrangements von Reimar Westendorf ebenso wie deren intonationssichere und homogene Interpretation – beides sozusagen als „Drahtseil ohne Netz“, die eigentliche Schwierigkeit des a-capella-Gesanges – , so quietschten zumindest im ersten Teil die szenischen Scharniere gewaltig. Da fehlte es an Tempowechseln, an Akzenten, an wirklich guten Texten, einfach an Professionalität. Im ganzen ersten Teil war man froh, wenn wieder die musikalischen Nummern kamen.

Gegen Ende jedoch verlor sich dieser Eindruck und drei brillante Zugaben zeigten den Weg, den die „Terzenbrecher“, wenn sie denn weiter den schwierigen Weg öffentlicher Auftritte gehen wollen (und sollten!), erfolgreich beschreiten könnten (was meiner Meinung nach allerdings nicht ohne Regisseur geht): Die Herausarbeitung der ganz spezifischen Witzigkeiten jedes Einzelnen und die selbstironische Überziehung von etwas, was man gerade nicht kann. In diesem Sinne ließen“ Isabella von Kastilien“ und Herbert Grönemeyers „Männer“ kein Auge trocken. Weitermachen und wiederkommen!

Ute Schalz-Laurenze