Endlich: Souvenirs im Abgeordnetenhaus

■  Regenschirme und Wende-T-Shirts: Alles das gibt es jetzt in Johannes Peters multimedialem Andenkenladen mitten im Berliner Machtzentrum. Peter hat es geschafft – er darf Mitbringsel aller Art im Berliner Machtzentrum verkaufen. Geübt hat er schon mit seinem „Art Shop“ am Checkpoint Charlie

Unser Eingangsbereich soll attraktiver werden“ – das hat sich der Präsident des Abgeordnetenhauses, Herwig Haase, (CDU) schon lange gewünscht. Ein Jahr lang sei im Hause diskutiert worden, die Entscheidung fiel nicht zugunsten von Blumentöpfen, sondern für einen Souvenirladen. Jetzt steht er endlich – ein dunkelblaues Provisorium im zugigen Eingang zwischen Tür und Foyer. Haase weiß um die Nöte der Besucher: Sie würden gern ein Andenken vom Abgeordnetenhaus mit nach Hause nehmen. Seit gestern kann sich das Volk endlich mit Souveniers aller Art eindecken: Gelbe Bierbembel locken mit dem Trinkspruch „Deutschland einig Vaterland“, daneben steht „ATA – das DDR-Gedächtnisspiel“ – mit Memory-Kärtchen kann der Ex-Ossi seine Erinnerungen an real sozialistische Spülmittel und Politikernamen auffrischen. Über allem hängt die Goldelse zum Um-den-Hals-Binden auf Seidentücher gedruckt. T-Shirts gibt es auch, mit jubelnden Massen vor dem Brandenburger Tor zwischen Brust und Bauchnabel.

Herr über den ganzen Krimskrams ist Johannes Peter. Der 42-Jährige ist eigentlich Chef des unweit entfernten „Art Shop“ am Checkpoint Charlie. Hier hat er erste Souvenir-Shop-Erfahrungen gesammelt, mit original Mauerstückchen für zwei Mark oder lustigen Trabi-Postkarten für 1,50 Mark. Zur Eröffnung seines neuen Reiches gab es gestern neben einem kräftigen Händedruck von Herwig Haase persönlich, Blumen von Peters Frau, eine Umarmung vom Sohnemann und ein Schulterklopfen vom Vater.

Johannes Peter hat es geschafft – bis in den Eingangsbereich des Abgeordnetenhauses. Stolz erklärt er jedem, seine Vision von einem multimedialen Souvenirshop. In etwa drei Wochen sollen sechs Computermonitore zu einem „Medienturm“ übereinander gebaut werden. Durch ihr kleines Glasfenster gegenüber können die Herren vom Wachschutz demnächst Besuchern zuschauen, die online über die Web-Sites Berliner Zeitungen surfen. „Dies ist ein Kiosk mit Anspruch“, betont Peter und platziert wie zum Beweis seinen alten Freund und Fernsehkommissar Jochen Senft vor die 3-D-Puzzel vom Brandenburger Tor. Gegen eine Flasche guten Rotwein liest der aus seinem Kriminalroman: „Baby 2000“. Selbstverständlich ist auch dieses Werk bald in Peters Laden zu erstehen.

In den ersten Tagen will er noch selbst hinter der Verkaufstheke stehen. Dann übernehmen Politikstudenten den Job. Peter, selbst Diplompolitologe, erklärt: „Man muss hier schon etwas im Kopf haben.“ Peters Leute müssen am Tag immerhin bis zu 30 Besuchergruppen die Regenschirme des Abgeordnetenhauses verkaufen. Noch kann der Geschäftsmann aber nur hoffen, dass niemand nach den Preisen seiner Merchendising-Produkte fragt. Die werden nämlich von der Innenverwaltung festgelegt, und da konnte ihm bisher niemand Auskunft geben.

Karen Heinrichs