■ Wo waren Sie in der Nacht, als die Mauer fiel?

Ich war in Berlin, und zwar auf Arbeit. Ich hatte abends Vorstellung und habe erst nach der Vorstellung so gegen 22.30 Uhr die Kantinenparole gehört: Die Grenze ist offen.

Ich dachte, das wäre nur so ein Kantinengag, und habe das erst mal nicht geglaubt. Nach der Vorstellung habe ich mich bald ins Auto gesetzt. Ich wollte nach Köln, wo ich am anderen Tag eine Vorstellung hatte. Ich war ja schon Grenzgänger, wie man so schön sagt.

Und dann kam ich hinter Magdeburg an die letzte Tankstelle vor der Grenze, wo ich immer noch mal tankte, um den billigen Ostsprit im Westen zu verfahren. Normalerweise war da um die Uhrzeit niemand, nachts um ein Uhr etwa. Aber da war alles voll, die wollten alle rüberfahren, nachts um eins nach Braunschweig oder so.

Mein erster Gedanke war dann: Mist, du kommst bei dem Stau nicht so schnell rüber und brauchst die halbe Nacht für die Fahrt. Als zweites habe ich mich dann doch gefreut. In Köln dann gab es am nächsten Tag kaum Aufregung, die kannten mich ja schon. Und die restliche DDR war ja noch nicht so weit vorgedrungen.“

Henry Hübchen ist Schauspieler an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin

Umfrage: Ingrid Beerbaum / Foto: David Baltzer