Scherf will mit dem Teufel spielen

■ Bremer Bürgermeister signalisiert Gesprächsbereitschaft / Reiche Süd-Länder erwarten, dass Karlsruhe ihre Position stärkt

Im Vorfeld der für Donnerstag angekündigten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVG) zum Länderfinanzausgleich, von dem die „Süd-Länder“ eine Reduzierung der hohen Zahlungen an Bremen und andere „Nehmerländer“ erwarten, hat Bremens Bürgermeister Henning Scherf (SPD) ein Bündnis mit dem Länderchef des Klägerlandes Baden-Württemberg angekündigt. „Wir wollen einen einvernehmlichen Vorschlag für die Überarbeitung des föderativen Gesamtsystems auf den Weg bringen“, erklärte Scherf gestern nach seinen Zielen in dem Jahr befragt, in dem er Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist. Ein Papier, das „mehrheitsfähig im Bundesrat und Bundestag ist“, solle erarbeitet werden. Er, Scherf, habe mit dem Baden-Württemberger Erwin Teufel abgesprochen, „der Öffentlichkeit ein positives Beispiel für große Konsense zu geben“. Und: „Wir wollen versuchen, bis Herbst 2000 der Bundesregierung einen 16:0-Vorschlag zu unterbreiten.“

In der baden-württembergischen Staatskanzlei in Stuttgart weiß man von einer förmlichen Absprache nichts; vermutlich habe Scherf am Rande des Bundesrates mit Teufel ein paar Worte gewechselt. In Stuttgart geht man davon aus, dass Bremen am Donnerstag ein paar hundert Millionen Mark in der Kasse fehlen werden. Offenbar, so werden die Erklärungen interpretiert, wolle Scherf im Vorfeld der gerichtlichen Niederlage „vorbauen“ und Gesprächsbereitschaft signalisieren.

Der federführende Richter beim BVG, Paul Kirchhof, hat vor Jahren als Prozessvertreter Baden-Württembergs Positionen vertreten, die in Bremen nicht gern gehört werden. In Stuttgart geht man davon aus, dass das Verfassungsgericht der baden-württembergischen Position insbesondere zu den „Hafenlasten“ und der Einwohnerwertung Rechnung trägt: Für den Frankfurter Flughafen gebe es auch keinen Finanzausgleich, Baden-Württemberg wolle auch nicht für Bremens Häfen zahlen. Und für die besonderen Metropolen-Aufgaben Stuttgarts würde das Stuttgarter Umland zur Kasse gebeten.

Mit welchen Positionen Baden-Württemberg in die Verhandlungen über eine Neuregelungen der Bund-Länder-Finanzbeziehungen nach 2004 gehen wird, hat Ministerpräsident Erwin Teufel zusammen mit Edmund Stoiber und dem Hessen Roland Koch im Juli auf einer Pressekonferenz mitgeteilt: Mehr Länder-Autonomie – vom Gesundheitswesen bis zum Hochschul-Bau, Überführung verschiedener Steuer-Arten in die Zuständigkeit der Länder, mehr „Wettbewerbs-Föderalismus“, weniger Finanzausgleich. „Die Länder müssen zeigen können, was sie besser machen als andere“, war die Parole der drei Länderchefs. Im Stuttgarter Staatsministerium kann man sich kaum vorstellen, dass Scherf dieser klaren Position bis zum Herbst 2000 im Interesse eines großen 16:0-Konsenses der Länder zustimmen wird. K.W.