Maskierter ersticht Lehrerin

15-jähriger Schüler dringend tatverdächtig. Als Motiv wird Hass auf die Pädagogin vermutet. GEW: Gewalttätige Angriffe gegen Lehrer sind nicht selten  ■   Von Nick Reimer

Berlin (taz) – Vor den Augen ihrer Klasse ist gestern im sächsischen Meißen eine 44-jährige Gymnasiallehrerin erstochen worden. Zehn Minuten nach Unterrichtsbeginn stürzte ein Maskierter in den Klassenraum, stach mit einem Messer mehrfach auf die Deutsch- und Geschichtslehrerin ein. Sie konnte sich noch auf den Flur schleppen, starb dort in den Armen einiger Kollegen. Der Täter konnte zunächst flüchten.

Noch am Vormittag wurde in einem Dorf bei Meißen ein verdächtiger 15-Jähriger festgenommen. „Dabei wirkte er sehr gefasst“, erklärte Michael Respondek, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Der Schüler habe zwar seinen Hass gegenüber der Lehrerin gestanden, zunächst aber nicht die Tat.

Mitschüler hatten erklärt, der mutmaßliche 15-jährige Täter würde den so genannten Gruftis angehören und sich begeistert und ausdauernd mit Gewaltvideos und Gewaltvideospielen beschäftigen. Nach Informationen der Dresdner Morgenpost soll dem Mord eine Art Wette vorausgegangen sein. Der Täter habe immer wieder betont, dass er seine Lehrerin umbringen wolle. Mitschüler hätten ihn als Prahler bezeichnet und unterstellt, er sei zu einer solchen Tat nicht fähig. Drei bis fünf Jugendliche sollen 50 bis 100 Mark gesetzt haben. Daraufhin habe er am Montag seine Tat angekündigt.

Mit Ausnahme der betroffenen Klasse wurden alle Schüler des „Franziskaneums“ nach Hause geschickt. Die Polizei verhörte die teilweise unter Schock stehenden Jugendlichen bis 13 Uhr. Am Tatort fand sie mehrere Gegenstände, darunter den Schülerausweis des mutmaßlichen Täters.

In einer ersten Stellungnahme erklärte die sächsische Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), gewalttätige Angriffe gegen Lehrer seien zwar nicht selten, blieben aber oft im Verborgenen. Lehrer würden sich aufgrund ihrer Stellung in der Öffentlichkeit dazu selbst nicht gern äußern, sagte die stellvertretende Landesvorsitzende Uschi Kruse. Man könne das Problem „Gewalt gegen Pädagogen“ nicht allein auf körperliche Übergriffe beschränken. „Auch Mobbing gehört dazu.“ Solche Fälle, auch innerhalb der Lehrerkollegien, nähmen zu. Die GEW habe dafür eindeutige Signale.