Einundzwanzig, zweiundzwanzig    ■ Von Fanny Müller

Zur Nachuntersuchung beim Kieferorthopäden trete ich pünktlich an. Der Termin war um 14 Uhr, und tatsächlich erscheint der Onkel Doktor (OD) auch schon um 15 Uhr 15. Ich erkundige mich, was er denn an diesem Zahn da für eine Behandlung durchgeführt habe. Dabei zeige ich auf meinen linken oberen Schneidezahn. OD: „Keine.“ Ich: „Jetzt aber mal ernsthaft!“ Er: „Keine, Frau Müller!“ Ich lasse verlauten, dass ich das jetzt nicht mehr witzig finde. Ich habe nämlich an diesem Zahn seit der Operation (OP) keine nennenswerte Verbesserung bemerken können, und das sei doch irgendwie komisch. OD: „Am 20er habe ich gar nichts gemacht.“ Mir fällt dann kurz vorm Explodieren ein, dass 20 nicht 21 ist. Das weiß ich, weil ich während der Wartezeit mein Krankenblatt kontrolliert hatte. Ich meinte nämlich 21. Er sagt dann, dass ich auf den 20er gezeigt hätte. Ich sage nein, es war der 21er. Er: Nein, der 20er. Das geht etwa fünf Minuten so weiter, bis ich ihn daran erinnere, dass wir beide nicht mehr sieben sind.

Das passt ihm nicht, und jetzt überlegt er, womit er mich sonst noch ärgern kann. Ach ja, mit dem Vermerk in meinem Krankenblatt: „Patientin verweigert den Eingriff an 22.“ Aber auch hier muss ich widersprechen, denn letztlich ist 22 weder 21 noch 20, und außerdem ist es ja nur deshalb zu einer Vollnarkose gekommen, weil genau zwei Zähne behandelt werden sollten. Und nicht drei. Kurz vor der OP hatte er nämlich behauptet, dass er auf dem Röntgenbild an meiner uralten Krone auf der 22 etwas erkennen könne und mir rate, drei Zähne (15, 21 und 22) behandeln zu lassen. Dabei sollte ich doch bitte an allen Zähnen auch eine Laserbehandlung für je 180 Mark durchführen lassen, die selbstverständlich die Kasse bezahlen würde. Mein Einwand, dass mir bekannt sei, dass die Kasse das selbstverständlich nicht bezahlen würde und dass ich kein Geld hätte, das mal eben selber zu bezahlen, ließ er mal eben nicht gelten.

Eine weitere Frage meinerseits, ob er denn nicht im Hinblick auf den von mir bereits im letzten Jahr bezahlten Eingriff am 25er drei Zähne zum Preis von zweien lasern könne, hielt er für völlig abwegig, schließlich seien wir nicht in Amerika (?) und die 180 Mark seien bereits ein Sonderangebot. Ich musste dann wohl oder übel die Behandlung auf zwei Zähne begrenzen. Daher der Vermerk.

Ich erkläre ihm das alles ganz genau, und vorübergehend ist Ruhe im und um den Behandlungsstuhl, weil nachuntersucht wird. Als ich zum guten Schluss noch frage, warum ich nach der Einnahme von verschiedenen Antibiotika im Verlauf der Zahnbehandlung weiße Flecken auf der Stirn zurückbehalten habe, muss ich mir zunächst anhören, dass erstens er „persönlich“ mir nur einmal solches Zeug verschrieben hat und dass es zweitens „davon“ nicht kommen könne (von einmal, da kann das nicht sein – oder was?), oder ob ich vielleicht gegen Penicillin allergisch bin und es etwa versäumt habe, ihn hierüber aufzuklären? Ich bin nahe dran, ihm an die Gurgel zu gehen. Er fasst zusammen: „Ist das denn so schlimm, die paar Flecken auf der Stirn? Sieht man doch kaum.“ Ich zähle langsam von 21 bis 22 und haue ihm eine runter.

Nicht wirklich, weil das die Kasse bestimmt nicht bezahlt.