Daumenkino

■ Tarzan

„Jedes Zeitalter bekommt den ,Tarzan‘, den es verdient“, schrieb die New York Times, wusste dann aber auch nicht so recht, was denn diese Verfilmung, die insgesamt 48. des Buches von Edgar Rice Burroughs, über das gegenwärtige mitzuteilen habe. Überraschenderweise sucht diese Disney-Version die Nähe zur Vorlage. Gut, die Affen sprechen, Tarzan brettert durch den Urwald wie ein kalifornischer Skater, und der Film bricht ab, bevor er endgültig auf das tragische Ende des Buches zusteuern kann, aber das Aufeinanderprallen der Kulturen, die Identitätssuche, die humanistische Botschaft und die Umweltthematik finden unübersehbar Niederschlag.

Nicht erst seit Konkurrent Dreamworks auf den Plan getreten ist, findet ein Wettbieten mit den jeweils aktuellsten Animationsinnovationen statt. Das neueste technische Spielzeug von Disney ist die Software „Deep Canvas“ und soll Figuren und Hintergründen noch natürlichere Oberflächenstrukturen und bisher ungeahnte Tiefe verschaffen. Erstmals wurden außerdem Morphing-Effekte für die Darstellung von Wasser verwendet.

Aber auch jenseits der computergestützten zeichnerischen Umsetzung gehört „Tarzan“ zu den besseren Disney-Filmen der letzten Jahre, selbst wenn er sich vor allem auf sein Tempo und spektakuläre Action-Sequenzen verlässt und nur selten an den Charme von „Das große Krabbeln“ oder gar der Klassiker aus den seligen Sechzigern wie „Dschungelbuch“ heranreicht.

Dummerweise singt Phil Collins seine kitschig-dramatischen Kompositionen auch in der deutschen Fassung selbst, und nicht nur durch die alles zermalmende Abmischung wird Untermalung da schnell zur bollernden Aufdringlichkeit. Noch ein anderer kultureller Crossing-Effekt produziert große Peinlichkeit: Tarzan sieht mit seinem gewaltigen Kinn irritierenderweise ausgerechnet wie Michael Schumacher aus. to

„Tarzan“. Regie: Kevin Lima & Chris Buck