Videos und Modellbahnen laufen

■ Erstmals seit Jahren kein Rückgang bei Spielzeug-Verkäufen

Nürnberg (taz) – Noch sind die Regale in Fachgeschäften und Kaufhäusern gut gefüllt, denn das Hauptgeschäft mit Spielwaren wird erst in den nächsten Wochen anlaufen. Seit 1991 war die Produktion der deutschen Spielzeughersteller stets rückläufig, für das erste Halbjahr 1999 meldete das Statistische Bundesamt erstmals wieder ein leichtes Plus. Der Deutsche Verband der Spielwarenindustrie ging daher gestern auf seiner Jahreskonferenz mit verhaltenem Optimismus in die alljährliche Verkaufsschlacht mit Puppen, Plüschtieren, Gesellschafts- und Videospielen.

Renner auf dem Markt, so die Verbandsexperten, werden auch künftig Videospiele sein, die schon 1998 einen Marktanteil von 20 Prozent erreichten. „Auch der Plüschtierbereich hat sich ein dickeres Fell zugelegt“, betont Verbandssprecherin Prinzen und geht von 400 Millionen Mark Umsatz mit Teddybären und anderen plüschigen Pelzträgern aus. Verlassen können sich die Spielwarenhersteller auch auf Modelleisenbahnen. Seit 1984 wächst der Umsatz der kleinen Lokomotiven Jahr für Jahr und erreicht 1999 voraussichtlich 800 Millionen Mark. In diesem Marktsegment müssen sich die Verantwortlichen keine Gedanken über die sinkende Zahl von Kindern machen, denn die meisten Käufer von Modelleisenbahnen sind ohnehin die Väter.

Bei Gesellschaftsspielen wird der Umsatz laut Verbandsprognose auf dem Vorjahresniveau von 700 Millionen Mark verharren. Als Highlights des Jahres 1999 haben sich bisher Furby, das kommunizierende Plüschwesen voller Eletronik, sowie die Teletubbies erwiesen. Ein neuer Verkaufsschlager ist noch nicht in Sicht.

Die deutschen Spielwarenhersteller setzen hingegen auf „Lernen mit Spaß“, denn durch den Geburtenrückgang und eine Verkürzung des Spielalters drohen strukturelle Probleme. Mit „Edutainment“ will die Spielwarenindustrie deshalb, so der Verband, auf das „offensichtlich zunehmende Bedürfnis der Leistungsgesellschaft, spielend zu lernen“ eingehen. Dazu gehören Lerncomputer im Laptop-Format für Kinder von sechs bis neun Jahren oder elektronisches Lernspielzeug für Kleinkinder. Den Chinesen oder Japanern den Rang ablaufen können Märklin, Ravensburger und Co. ohnehin nicht, denn der deutschen Produktion von 2,15 Milliarden Mark standen 1998 importierte Spielwaren von fast 3,5 Milliarden Mark gegenüber.

Horst Peter Wickel