Querspalte

■ Schreudér tut weh

 Große Männer sind schon an Geringerem gescheitert als an phonetischen Komplikationen. Doch hätte zum Beispiel Marx und sein Anliegen globale Verwendung gefunden, wenn er Schröder geheißen hätte? Natürlich! – möchte man rufen. Die Idee zählt, der Versuch, die Welt zu retten, die Menschen der Gerechtigkeit und dem Glück auszuliefern. Doch andererseits: Wie hätte die internationale Bewegung wider den Widrigkeiten des Kapitalismus darüber diskutieren können, wenn die Problemlösung so schwer auf der Zunge liegt? Nehmen wie den English Speaker: Shroderism. Das klingt schon so, als nehme man den Mund erst unheimlich voll, während es nach hinten sehr abfällt. Das Flötige an Schr-ö-der kommt obendrein nicht mehr vor. Die Idee würde am Umlaut scheitern. Wie gut, breit und voll auf der Zunge liegt dagegen Blair.

 Blicken wir auf die Grande Nation: Schreudér, mit Betonung auf der zweiten Silbe. Da bleibt vor allem das „dér“ und nicht das „Schrö“ im Gedächtnis, was ungemein unelegant und wenig verlockend klingt verglichen mit Jospin. Oder der Spanier, der weder „sch“, noch am Anfang eines Wortes ein „s“ sagen kann, weswegen unser Bundeskanzler mit „Esruder“ umschrieben wird. Möchte irgend jemand außer vielleicht ein Stierkämpfer so heißen?

 Dann doch schon lieber Kohl. Kohl, Kohlisten, Kohlismus – das ist umlautlos und ausländerfreundlich und erfordert eine runde, Zufriedenheit auslösende Mundbewegung. Auch aus Scharping ließe sich international einiges machen; ein scharfes Scharp und ein entschlossenes ing, das macht was her. Kurzum: Schröder ist nur noch durch Heirat oder Adoption zu retten. Denn es gibt ja auch schöne Namen: Merkel oder Fischer oder Simonis.

Gut nur, dass Doris und nicht Gerhard den Doppelnamen trägt. Silke Mertins