Todesschützen bleiben unbehelligt

Der Untersuchungsausschuss zum Blutbad am Berliner Israelischen Generalkonsulat im Februar beendet seine Arbeit: Der Innensenator hat versagt    ■ Von Philipp Gessler

Vier Tote, elf Schwerverletzte, zwei Todesschützen in Freiheit; der Berliner Innensenator ist politisch angeschlagen; ein paar Dutzend Kurden sind schon verurteilt worden oder warten noch auf ihren Prozess. Das sind die Folgen des Blutbads am Israelischen Generalkonsulat Mitte Februar in Berlin: Gestern beendete der Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des Geschehens an der diplomatischen Vertretung seine Arbeit mit einer gemeinsamen Erklärung. Darin stellen die im Ausschuss verbliebenen Vertreter der SPD, Grünen und PDS noch einmal einhellig fest, dass zumindest bei den tödlichen Schüssen auf drei Kurden vor dem Konsulat für die israelischen Schützen keine Notwehr-Situation vorlag. Dies hatte die israelische Seite immer behauptet.

So endet die Aufklärung und politische Verarbeitung einer Tragödie, die am Aschermittwoch begonnen hatte: Nach der Verhaftung des PKK-Chefs Abdullah Öcalan versuchte damals eine Gruppe bewaffneter Kurden, das Israelische Generalkonsulat zu stürmen. Die Kurden gingen davon aus, dass der israelische Geheimdienst an der Entführung Öcalans beteiligt war. Nach der Schießerei am Konsulat versuchte ein später eingesetzter parlamentarischer Untersuchungsausschuss im Abgeordnetenhaus monatelang, die Hintergründe des Blutbads aufzuklären.

Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Wieland (Bündnisgrüne) hob in der Abschlusserklärung nun noch einmal die Haupterkenntnisse der Untersuchung hervor. Demnach war die Berliner Polizei schon frühzeitig über die Gefahr für das Konsulat gewarnt worden, hatte es aber nur mit den üblichen drei Wachpolizisten geschützt. Zudem habe es eine „Kausalität“ zwischen dem geringen Schutz und dem Sturm auf die Vertretung gegeben: Nach den Erkenntnissen des Ausschusses wurde gerade dieses Konsulat für die gewalttätige Aktion ausgesucht, da die Kurden wussten, dass es – im Gegensatz etwa zur SPD-Parteizentrale, die zusätzlichen Schutz erhalten hatte – nicht stärker beschützt wurde.

Eine Mitverantwortung für das Geschehen liegt insofern auch beim Berliner Innensenator Eckart Werthebach (CDU), der mit zusätzlichen Schutz für das Konsulat das Blutbad hätte verhindern können. Hinzu kommt die „Reißwolf-Affäre“: Der Senator billigte die Vernichtung einer Akte durch einen seiner Mitarbeiter: Sie hätte das Versagen seiner Behörden bei der Sicherheitsvorsorge belegt.

Am bittersten ist für die Ausschussmitglieder, dass die beiden israelischen Schützen höchstwahrscheinlich nie vor Gericht stehen werden. Ihre diplomatische Immunität verbietet es trotz aller Verdachtsmomente, sie als Beschuldigte zu vernehmen. Das Auswärtige Amt lehnt es ab, bei der israelischen Regierung einen Antrag auf Aufhebung der Immunität zu stellen – da Israel in ähnlichen Fällen dies auch nie getan habe. Deshalb hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt: Es bestehe ein „Verfahrenshindernis“. Mit Rücksicht auf mögliche diplomatische Spannungen wurde das Thema zwischen Staatsanwalt, Justizsenator und Auswärtigem Amt hin und her gereicht, „wie eine heiße Kartoffel“, klagt Wieland – und niemand sei „da traurig gewesen, an der Immunität der Schützen zu scheitern“.