Eisstockschießen ist ein Sport für die einfachen Leute

Kurt Lucas ist Mitglied im vierköpfigen Eisstockschützen-Team des Hamburger Eislauf-Vereins. Der amtierende Hamburger Pokalsieger zählt auch bei den am Wochenende stattfindenden norddeutschen Meisterschaften in Harsefeld bei Stade zu den Titelanwärtern. Der taz offenbarte der Hamburger Einzelmeister von 1986 die besonderen Anforderungen in seiner Disziplin.

taz: Mit welchen Erwartungen fahren Sie nach Harsefeld?

Kurt Lucas: Mit sehr guten. Auf jeden Fall wollen wir wieder aufs Treppchen. Wenn möglich, wollen wir Meister werden. In unserem Quartett stehen vier ehemalige oder noch amtierende Hamburger Meister, wobei ich noch der schlechteste bin.

Worin besteht für Sie der Reiz am Eisstockschießen?

Es ist ein wirklicher Konzentrationssport. Wer sich nicht konzentriert, kann den Stock nicht plazieren. Wenn man nach zwei Stunden noch keine Nahrung und Getränke zu sich genommen hat, kriegt man Konzentrationsprobleme.

Wie kommt man als Hamburger zu diesem Sport?

Über meinen Sohn Jörn. Der war Vize-Europameister im Rollkunstlauf. Aber er ist auch Eiskunstläufer.Er hat an den Weltmeister-schaften in Tokio, Bogota und Fort Worth teilgenommen. Unser Schrank ist voller Medaillen. Bei den Deutschen Meisterschaften im Eistanz ist er Kampfrichter, da ist er eine richtige Kapazität.

Aber ist Eisstockschießen für ein Nordlicht nicht ein ungewöhnlicher Sport?

Früher, in den 30ern, kamen die Deutschen Meister und Europameister alle aus Hamburg. Heute dominieren die Bayern. Dort gibt es über 80.000 Eisstockschüt-zen, in Hamburg nur 60 – das sagt alles. In den Alpen ist das so ein richtiger Gaudisport.

Was ist der Unterschied zum Curling?

Bei uns wird nicht mit dem Besen gefegt. Die Curling-Sportler spielen auch mit einem Stein, bei uns handelt es sich um einen ganz anderen Wurfkörper. Das sind auch Leute, die Geld haben. Wir hingegen sind wirklich alles reine Amateure und müssen alles selbst bezahlen. Man kann sagen, Curling ist für die Wohlhabenden, Eisstockschießen für die einfachen Leute.

Wie ist ihr Spielgerät eigentlich beschaffen?

Ein Eisstock wiegt etwa fünf Kilo und hat einen Griff nach oben. Man muß ihn auf einer 30 Meter langen Bahn in ein Ziel schießen, das sechs Meter lang und drei Meter breit ist. In der Mitte ist eine Daube (der eigentliche Ziel-Mittelpunkt; die Red.), an die man möglichst nahe ran muß.

Benötigen Sie eine besondere Ausrüstung?

Es gibt extra Schuhe, mit einer speziellen Gummisohle, die zwischen 200 und 300 Mark kosten. Gegen die Kälte schützen wir uns mit Thermohosen. Manche benutzen Spezialhandschuhe.

Fragen: Erol Caner