Sechs Quadratmeter Deutschland

■ Bürokratenkrampf um 13jähriges Flüchtlingskind aus Togo

Es sei eben eine „konfligierende Rechtslage“, dieser Fall Amadu Sedu, windet sich der Pressesprecher der Jugendbehörde, Ulrich Vieluf. So ganz hopphopp könnten die Behörden da auch keine Entscheidungen treffen.

Der 13jährige Junge aus Togo wohnt mit seiner großen Schwester seit vier Jahren in einer winzigen Kammer der Reeperbahn-Absteige „Hotel Interrast“. Seit dem Sommer bemüht sich Amadu Sedus „Privatvormünderin“ Susanne Toelcke um eine bessere Unterkunft – vergeblich. Zwar hatte sie vor zwei Wochen eine, wie sie sagt, „angemessene, vollständig eingerichtete und günstige Wohnung“ für das Geschwisterpaar gefunden, aber das Bezirksamt blockte ab. Auf eine von der Jugendhilfe finanzierte Wohnung habe zwar der Junge Anspruch, nicht jedoch seine Schwester Janet: „Als erwachsene Asylbewerberin darf sie keine Wohnung anmieten, sondern muß öffentlich untergebracht werden“, so Vieluf.

In der „Gemeinschaftsunterkunft“ Interrast leben Amadu und Janet auf sechs Quadratmetern; noch nicht einmal ein Tisch paßt in den Raum. „Die Ämter haben den Jungen und seine Schwester schlicht dort vergammeln lassen“, schimpft Susanne Toelcke. Alle anderen Afrikaner seien schon vor zwei Jahren aus dem Hotel „ausgelagert“ worden. Weil man die Geschwister nicht auseinanderreißen, aber die Schwester auch nicht privilegiert behandeln wollte, mußten sie bleiben, wo sie waren. Ute Florian, Jugend- und Sozialdezernentin im Bezirk Mitte, verweist auf die Platzprobleme bei der Unterbringung minderjähriger Flüchtlinge gebe; da sei das Interrast „immer noch die bessere Lösung im Vergleich zu anderen Unterkünften“.

Es werde nun eine „Pavillonlösung“ angestrebt, teilt das Amt für Jugend mit. „Hauptsache, er kommt aus diesem Loch raus“, kommentiert Susanne Toelcke. Sie besteht zugleich darauf, daß Amadu weiter zu seiner jetzigen Schule am Altonaer Volkspark gehen kann und nicht sein soziales Umfeld aufgeben muß.

„So viele der Schwierigkeiten, auf die wir bei unserer Arbeit stoßen, sind von den Behörden hausgemacht“, meint Karoline Korring vom Kinderschutzbund, welcher die Vormundschaft vermittelt hat. Was engagierte Vormünder wie Susanne Toelcke erlebten, seien jedoch die „Auswirkungen des Asylverfahrensgesetzes“. An dessen formalen Grenzen komme man auch mit noch so viel Einsatz nicht vorbei. Ulrike Winkelmann