Keine Frage, sondern ein Zustand

■ Muß Wohnungsbau Männersache sein? Ein Frauenstadtgespräch Von Stefanie Winter

„Frauen sind Expertinnen des Alltags“, formulierte Kerstin Dörhöfer fast schon eine Binsenweisheit auf dem „Frauenstadtgespräch“ in der Hochschule für bildende Künste am Lerchenfeld am Dienstag abend. Doch selbst Fachfrauen schaffen es nur selten, ihr Expertinnenwissen in die Tat umzusetzen: Nur wenige Architektinnen beteiligen sich an Wettbewerben, die Zahl der Preisträgerinnen ist verschwindend gering.

Zur Diskussion stand dann auch nicht die Notwendigkeit der Beteiligung von Frau am Bau – die wurde als bekannt und anerkannt vorausgesetzt. Die Veranstalterinnen, die Stadtentwicklungsbehörde nebst ihrem frisch eingerichteten Frauenbeirat, warfen vielmehr die Frage „Wettbewerbe – Männersache?“ auf, die derzeit allerdings eher die Beschreibung eines Zustandes ist.

Von vergleichsweise paradiesischen Zuständen vermochte einzig Ulla Luther als Vertreterin der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen in Berlin zu berichten. Dort boomt der Bau. Entsprechend zahlreich werden Wettbewerbe ausgeschrieben. Und die Beteiligung von Frauen als Teilnehmerinnen und als Preisrichterinnen sei einfach eine verbindliche Auflage: „Die Quotierung“, so Ulla Luther, „bringt da viel mehr als reine Frauenwettbewerbe.“

„Eine Quotierung wäre in Hamburg allein schon ein Mengenproblem“, hielt Christiane Leiska, Vorstandsmitglied der hiesigen Architektenkammer, entgegen. Nur 14 Prozent der 1 300 Kammermitglieder seien freiberufliche Architektinnen. Und die meisten arbeiteten in „ganz kleinen“ Büros. Da mittlerweile viele Wettbewerbe europaweit ausgeschrieben würden, sei die Konkurrenz riesig, das Bewerbungsverfahren aufwendig und die Erfolgschance gering: „Viele Frauen bewerben sich deshalb gar nicht erst.“

Eine gute Möglichkeit, Architektinnen zur Teilnahme an Wettbewerben zu ermutigen, sieht Dörhöfer daher in reinen Frauenwettbewerben. Die Berliner Professorin weiß jedoch auch, das solche Wettbewerbe ebenfalls ihre Tücken haben. Meist sei die Fläche der ausgeschriebenen Objekte „relativ winzig“ und deren Lage wenig reizvoll. Viel Raum für Kreativität bleibe da nicht. Und trotzdem werde erwartet, daß die Entwürfe möglichst sämtliche sozialen Probleme der Gesellschaft berücksichtigten.

Unter solchen Bedingungen, meinte die Landschaftsarchitektin Johanna Spalink-Sievers, sei sie gegen Frauenwettbewerbe: „Denn warum sollen wir uns eigentlich immer mit den Sachen befassen, bei denen Männer bereits versagt haben?“

„Wir sprechen davon, daß Frauen eine Chance gegeben werden muß“, meinte auch eine Zuhörerin. „Viel wichtiger ist aber, daß wir uns die Chancen selbst nehmen.“