Demokratie zwischen Blaumann und Kosmetik

Das Haus der Demokratie ist von der Friedrichstraße nach Prenzlauer Berg gezogen und nun auch für Menschenrechte zuständig. Zwar trauern einige Initiativen dem Standort mitten im neuen Geschäftszentrum etwas nach. Doch heute wird erst einmal die Eröffnung gefeiert    ■ Von Jan Brandt

Rechts ist ein Geschäft für Berufsbekleidung, links ein Kosmetik- und Nagelstudio. Über der Toreinfahrt steht: Architekturwerkstatt. Seit ein paar Wochen hängt am Haus in der Greifswalder Straße 4 in Prenzlauer Berg auch noch eine schmale blaue Fahne mit der Aufschrift: Haus der Demokratie und Menschenrechte. Das altehrwürdige Zentrum der Bürgerrechtler ist von der Friedrichstraße hierher gezogen.

In dem neuen Haus sind einige Bürgerrechts- und Umweltinitiativen nicht mehr vertreten. Auch das Café Denkbar ist nicht dabei. Die Gründe, warum einige nicht mitgezogen sind, seien unterschiedlich, sagt Hinrich Garms vom Hausverein. Einigen haben die Räumlichkeiten nicht gepasst, anderen der Standort. Andreas Schönfeldt von der Stiftung „Haus der Demokratie“ kann das allerdings nicht verstehen. „Berlin hat immer mehrere Zentren gehabt. Wir sind hier nicht in Hellersdorf, sondern zwei Stationen vom Alex entfernt.“

Schönfeldt ist froh, in einer „völlig zerfransten Situation“ doch noch eine Lösung gefunden zu haben. Wie berichtet, hat der Deutsche Beamtenbund 1998 das alte Haus der Demokratie in der Friedrichstraße gekauft und der Stiftung acht Millionen Mark für die Aufhebung des Mietvertrages zugesagt. In kurzer Zeit musste ein neuer Standort gefunden werden. In den letzten Wochen sei Sacharbeit kaum noch möglich gewesen, sagt Andreas Schönfeldt. Alles habe sich nur noch um das Problem Haus gedreht. „Aber“, betont Schönfeldt, „die Auseinandersetzung mit dem DBB hat dem Haus auch gut getan, und die Menschenrechtsorganisationen werden neuen Schwung bringen!“

Noch sind die Menschenrechtsorganisationen in dem 4.000 Quadratmeter großen Gebäude unterrepräsentiert. Amnesty international (ai) wird im März nächsten Jahres einen ganzen Flügel beziehen und darin das Regionalbüro Ost und das Generalsekretariat unterbringen. Der bisherige Sitz von ai im Martin-Niemöller-Haus in Dahlem wird jedoch nicht vollständig aufgegeben. „Ich werde Dahlem nicht vermissen“, sagt Annette Nawrath von amnesty international. „Obwohl es hier sehr idyllisch ist. Wenn ich das Fenster aufmache, höre ich die Schweine quieken.“ Von dem neuen Gebäude erhofft sie sich eine angenehme Arbeitsatmosphäre.

Mit der Internationalen Liga für Menschenrechte hat man schon seit Jahren in einem „Haus der Menschrechte“ zusammenarbeiten wollen. Dass nun auch noch der enge Kontakt zu den über dreißig Bürgerrechtsgruppen und Umweltinitiativen hinzukomme, findet Frau Nawrath „für die Zukunft sehr spannend“. „Außerdem sind wir jetzt näher am politischen Geschehen“, sagt sie.

Das sieht Stefan Pribnow, Herausgeber des linken Politmagazins Kalaschnikow, ganz anders. Die Redaktion ist schon im neuen Haus der Demokratie eingezogen. „In der Friedrichsstraße waren wir der Stachel im Fleisch der Mitte, das war ein Symbol. Da waren wir der mahnende Zeigefinger zwischen Banken und Boutiquen“, sagt Pribnow und schaut verträumt aus dem Fenster. „Das war ein Ausblick. Auf der einen Seite das Grandhotel, auf der anderen das Lafayette.“ Einmal im Monat haben sich die Mitarbeiter eine Havanna geleistet und unten die „Schönen und Reichen“ beobachtet. Hier schaut er in einen spärlich bepflanzten Hinterhof.

Wenn es nach Pribnow gegangen wäre, hätte das Haus noch linker sein müssen und, natürlich, basisdemokratisch. Trotzdem fühlt er sich auf der „linken Etage“, die eigentlich rechts liegt, mit der Initiative Vereinigte Linke und der Hilfe für Folteropfer ganz wohl. „Aber mir ist es egal. Ich könnte auch im Keller arbeiten.“

Heute steigt in der Greifswalder Straße die offizielle Eröffnungsfeier. Auf dem Programm steht das Stück „Räuber Hotzenplotz und die schlampampengrüne Bohnenhexe“ und der „berühmte Zauberer Magic Malini“. Vielleicht kann er Stefan Pribnow auch noch für das neue Haus verzaubern.