Regie-Montage heißt das Zauberwort

■ Krupp-Stahlbau will ein Drittel der Beschäftigten entlassen. Teamwork-Modell soll Betrieb wettbewerbsfähig machen. Der Betriebsrat spielt mit, die Kollegen sehen das anders

Die Sache hat eine gewisse Logik, sagt der Geschäftsführer der Krupp-Stahlbau Berlin GmbH, Roger Stockhorst, und meint damit den Abbau von gut einem Drittel seiner Belegschaft. Im vergangenen Jahr hat der Neuköllner Traditionsbetrieb erstmals seit langem Verluste eingefahren – nicht sehr viel, zwischen zwei und drei Millionen Mark. Genug aber, dass sich die Dortmunder Thyssen-Krupp-Zentrale veranlasst sah, die Notbremse zu ziehen.

Krupp-Stahlbau Berlin baute unter anderem das ICC, das Sendezentrum des SFB und die neue Radsporthalle in Prenzlauer Berg. Im Moment aber lebt der Betrieb vom Bau kleiner Brücken und von Parkhäusern.

Die Dortmunder schickten Stockhorst quasi als Feuerwehrmann nach Berlin. Vorher war er nach eigenen Angaben an der erfolgreichen Sanierung der Stahlbau-Schwester in Hannover beteiligt.

Sein Plan: Im Rahmen eines zusammen mit dem Betriebsrat erarbeiteten Strukturanpassungskonzeptes sollen von den 300 Mitarbeitern 100 gehen, im besten Fall freiwillig. Potentielle Kandidaten können mit Abfindungen bis zu 100.000 Mark rechnen.

Das passe, so der Manager, zur Strategie der Geschäftsleitung, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden.

Stockhorst verspricht, den Abbau so sozialverträglich wie möglich zu gestalten: Vorgesehen sind neben den Abfindungen Altersteilzeitregelungen, Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen sowie die Weiterbeschäftigung in anderen Breichen des Unternehmens.

Der Betriebsrat macht notgedrungen mit. Seit dem vergangenen Frühjahr verhandelt der Vorsitzende Karl Köckenberger mit der Firmenleitung.

Durchsetzen konnte er, dass von beiden Seiten bestellte Gutachter Krupp genau unter die Lupe nahmen. Auch die Gutachter empfahlen, Personal abzubauen. Die Berater verlangten allerdings struktuelle Veränderungen in der Unternehmenshierarchie. Die Position des Abteilungsleiters etwa soll es bald nicht mehr geben. Die Krupp-Leute sollen in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen.

Regie-Montage heißt das Zauberwort, Teamwork das Modell für die Zukunft. So sollen nicht nur die verbleibenden 200 Arbeitsplätze, sondern soll auch die Ausbildungsquote von 10 Prozent gesichert werden. Bis Ende 2001, hofft Stockhorst, will er den Betrieb wieder wettbewerbsfähig gemacht haben.

Passiert nichts, so prophezeien die Berater, könnten dem ersten Abbau schnell weitere folgen. Köckenberger: „Und irgendwann gibt es uns dann nicht mehr.“

Eigentlich wäre genug Arbeit für 300 Leute da, meinen die Beschäftigten.

Das Unternehmen sieht das anders: Wenn etwa Montagearbeiten von Fremdfirmen übernommen werden, sei das erheblich billiger, meint Stockhorst.

Viele Krupp-Stahlbauer fühlen sich hintergangen, auch vom Betriebsrat. Der sitze beim neuen Chef Stockhorst auf dem Schoß. Der Schoß aber, sagt Betriebsrat Köckenberger, sei ein „verdammt harter“. Er müsse den Kollegen erklären, warum einige nach vierzig Jahren Betriebszugehörigkeit in den Vorruhestand gehen müssen, dass es mit der flachen Hierarchie auch keine Meister und Abteilungsleiter mehr geben werde. Das sei hart, „aber wenn wir nicht handeln, ist der Standort auf Dauer nicht zu retten“.

Thorsten Denkler