Frischlinge kommen 2001

■ Fritz Schaumann, Gründungspräsident der International University Bremen, über Planung, Geld und Kooperation

taz: Henning Scherf sagte im August, mehr als die Hälfte des privaten Stiftungskapitals von 500 Millionen Mark für den Betrieb der „International University Bremen“ sei gesammelt. Stimmt das?

Fritz Schaumann, Gründungspräsident der International University Bremen: Wir haben uns im Rahmenvertrag mit der Freien Hansestadt Bremen verpflichtet, außer dem Startbeitrag von 230 Millionen Mark nichts von Bremen zu verlangen. Wir werden nicht an der Tür des Bürgermeisters stehen und sagen: Wir kommen leider nicht mit dem Geld hin, bitte greift uns unter die Arme. Sie können davon ausgehen, dass es uns gelingen wird, in den kommenden Jahren einen Kapitalstock von mindestens 500 Millionen Mark aufzubauen.

Aber über den Stand der Einwerbung wollen Sie noch nichts sagen?

Nein. Weder Ihnen gegenüber noch gegenüber anderen – weil das überhaupt nichts bringt.

Waren Sie denn sauer, als Henning Scherf die Zahl nannte?

Warum sollte ich sauer sein? Der Bürgermeister gehört zu unseren ganz potenten Unterstützern. Was sicher stimmt, ist, dass sich in Deutschland erst die Haltung entwickeln muss, dass Einzelpersonen ihr Geld in wissenschaftliche, kulturelle oder gemeinnützige Projekte hineingeben. In Bremen ist das allerdings jetzt schon bemerkenswert: Bis auf ein oder zwei Ausnahmen sind wir überall, wo wir angeklopft haben, auf eine engagierte Bereitschaft gestoßen, die International University zu unterstützen.

Bis wann wollen Sie das Stiftungskapital zusammenhaben?

Niemand hat daran gedacht, dass das Geld bei Start des Studienbetriebs im Herbst 2000 vollständig zusammengekommen ist. Das war nie so geplant. Die ersten Graduierten starten nächstes Jahr, die ersten „Frischlinge“ kommen im Herbst 2001. Die geplante Kapitalstockentwicklung orientiert sich an diesem Zeitplan.

Bewerben sich bereits Studierende?

Wir haben ungefähr 500 Anfragen gehabt, 175 Studierende sind bereits in unserer Datenbank. Es ist derzeit noch schwer, die Ernsthaftigkeit der Anfragen zu prüfen, aber das Interesse geht so weit, dass hier jemand reinkommt, und sagt, er wolle sich immatrikulieren. Unsere Bekanntheit wächst. Das gleiche gilt für Wissenschaftler: Bislang haben wir, ohne dass wir Stellen ausgeschrieben hätten, bereits 135 Bewerbungen für den künftigen Lehrkörper vorliegen.

Wie war die Resonanz auf die Ausschreibungen für die Stellen der „Gründungsdekane“ für zwei Fachbereiche?

Für die zwei ausgeschriebenen Stellen – eine im natur-/ ingenieurwissenschaftlichen, eine im geistes-/ gesellschaftswissenschaftlichen Bereich – bekamen wir 87, meist hochqualifizierte Bewerbungen aus der ganzen Welt. Im Januar tagt die Berufungskommission in Berlin und wird dem Aufsichtsrat Empfehlungen aussprechen. Bis zum 31. März wollen wir die beiden Dekane in Bremen haben.

Welche Pläne gibt es inzwischen für die Kooperation mit den anderen Bremer Hochschulen?

Im Dezember soll der Kooperationsvertrag mit der Universität Bremen der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Außerdem haben wir eine „Faktensammlung“ eingeleitet, um einen Kooperationsvertrag zwischen der Rice University in Houston und der International University vorzubereiten. Dieser Kooperationsvertrag muss ganz anders aussehen als der mit der Universität. Es muss zum Beispiel möglich werden, dass in bestimmten Studienrichtungen ein gegenseitiger Studenten-Austausch stattfindet. Auch bei Gastprofesssuren wünschen wir uns einen relativ systematischen Austausch mit Rice.

Ist eine Kooperation mit anderen Bremer Hochschulen denkbar?

Dass es mit der Universität enge Kontakte geben wird, hat mit der gemeinsamen Gründungsidee zu tun. Die Hochschule Bremen bietet eine Menge internationaler Studiengänge an. Besonders im Bereich der International-Management-Studiengänge ist eine Kooperation durchaus denkbar. Auch mit dem Designbereich der Hochschule für Künste kann ich mir Kooperation vorstellen. Die Hochschule Bremerhaven wäre im Bereich Ernährungsmitteltechnologie ein interessanter Partner. Warum sollte ich irgend etwas ausschliessen?

Um den Betrieb der International University zu finanzieren, sind Sie auf die Einwerbung von Drittmitteln angewiesen. Ist es unstrittig, dass Sie auf Gelder der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zurückgreifen dürfen – was bei der Hochschule Bremen ja schon nicht mehr so einfach ist?

Die DFG-Beantragung halte ich für unproblematisch. Sie orientiert sich an der Qualität der Wissenschaft. Für Fachhochschulen war die Förderung immer schwer, aber nie unmöglich. Wir sind seit Mitte September als Universität staatlich anerkannt. Somit können wir den Namen „Universität“ führen, Professoren ernennen und Grade verleihen. Wir werden zudem vom Wissenschaftsrat auf Antrag von Bremen bewertet, um in das Hochschulbauförderprogramm aufgenommen zu werden.

Womit man eine 50-prozentige Ko-Finanzierung für Hochschulbauten durch die Bundesregierung bekommen könnte.

Genau. Der Wissenschaftsrat hat dafür eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die im Januar mit ihrer Arbeit beginnen wird. Wir hätten gerne, dass dieses Gremium im Lauf des Jahres 2000 eine Empfehlung abgibt, damit unsere geplanten Grundstückserwerbe schon in das Hochschulbauförderprogramm eingehen.

Wie weit sind Sie mit den Baumaßnahmen in der ehemaligen Kaserne in Grohn?

Bis Monatsende werden wir einen Projektsteuerer engagieren, der die gesamte Bauausführung überwacht. Im Februar soll die Kernmannschaft nach Grohn umziehen können. Die Baumaßnahmen sollen auf vier bis fünf Jahre verteilt werden. Zuerst werden wir die Lehr- und Unterrichtsräume umbauen und renovieren. Im nächsten Herbst soll das abgeschlossen sein. Die infrastrukturellen Maßnahmen laufen ebenfalls sofort an: Die gesamte Netzstruktur für Informations- und Kommunikationstechnologie muss errichtet werden. Wir werden zu den führenden Universitäten weltweit gehören, was Geschwindigkleit und Umfang von Datentransfers angeht. Aus jedem Raum der Universität müssen wir mit jedem Winkel der Erde komunizieren können.

Wer zieht denn am 1. Februar ein?

Wir haben nicht die klassische Universitätsverwaltung. Alles, was wir nicht zum Kerngeschäft zählen, wird ausgeschrieben und eingekauft. Es gibt mich als Geschäftsführer und Präsidenten. Zweitens den Bereich akademische Entwicklung, drittens die Forschungsplanung, viertens das Fundraising, fünftens besetzen wir gerade die Stelle „studentische Angelegenheiten“. Damit werden wir schon ziemlich komplett sein für die nächsten zwei Jahre. Die Verwaltung wird nicht größer als 25 bis 30 Personen.

Fragen: Christoph Dowe