Die ersten Kältetoten

■ Notübernachtungen sind großteils ausgelastet. Obdachlosenzahl geringer

Nach dem kalten Wochenende – die Temperaturen lagen nachts zwischen minus drei und minus fünf Grad – sind die Obdachlosenunterkünfte in der Hauptstadt zum großen Teil ausgelastet. „Bei uns ist es brechend voll“, sagte Peter Oltersdorf, Mitarbeiter der Wärmestube der Kreuzberger „Heilig-Kreuz-Kirche“. Dort gibt es kostenlos Essen und Getränke, ein Arzt steht ebenfalls zur Verfügung. Auch die Obdachlosenunterkunft in der Nostizstraße, wo 25 Menschen schlafen können, sei jede Nacht voll belegt.

Am Wochenende gab es bereits die ersten Kältetoten dieses Herbstes. Passanten entdeckten in der Nacht zum Freitag in Hellersdorf in einem Bushäuschen und in Tempelhof auf einer Parkbank einen 53-jährigen und einen 55-jährigen Mann tot. Beide Männer gehörten laut Polizei zum Trinkermilieu. Neben dem in Hellersdorf gefundenen Mann lag eine leere Schnapsflasche, die er sich kurz vor seinem Tod an einer Tankstelle gekauft hatte. Im Fall des in Tempelhof gestorbenen Mannes versuchte noch ein Notarzt vergeblich eine Wiederbelebung.

In Berlin leben nach Senatsschätzungen derzeit 2.000 bis 4.000 Menschen auf der Straße. Bei den Sozialämtern sind 6.000 Wohnungslose registriert. Sie schlafen in Notunterkünften und Pensionen. Problematisch ist es im Winter insbesondere für die Nicht-Registrierten, sagt Oltersdorf. Die Obdachlosen würden die Angebote wie Notübernachtungen häufig nicht nutzen, weil sie ihre Hunde nicht mitbringen, nicht rauchen und keienen Alkohol trinken dürfen. Es gebe genug Angebote, nur die Konzeption sei falsch. Staatliche Notübernachtungen nehmen Obdachlose nur mit Läuseschein auf, das heißt, sie beherbergen nur solche ohne ansteckende Krankheiten.

Dass es Hemmschwellen bei den Obdachlosen gebe, bestätigt auch Gabriela Robaczek vom Caritas-Arztmobil. Große Säle, wo 20 Menschen übernachten können, würde viele abschrecken. Auch bemängelt sie, dass die Notunterkünfte bei vielen nicht bekannt seien. „Der Informationsfluss muss besser werden“, fordert die Ärztin. Das kalte Wetter hält in den nächsten Tagen an, am Mittwoch soll es sogar schneien.

Julia Naumann