Ein richtiger Boxkampf mit vertretbarem Ausgang

■ Nach dem Sieg gegen Holyfield will Lennox Lewis gegen Tyson boxen

Berlin (taz) – Egal, ob er nun seinen Weltmeistergürtel von der IBF bekommt oder nicht, Lennox Lewis hat endlich sein Ziel erreicht: Der Brite ist der weitgehend unbestrittene Champion im Schwergewichtsboxen, nachdem er am Samstagabend im Titelkampf der großen Verbände WBC, WBA und IBF den US-Amerikaner Evander Holyfield einstimmig nach Punkten bezwang.

Völlig ungewohnt in der neueren Geschichte des Schwergewichtsboxens, handelte es sich um einen richtigen Boxkampf mit vertretbarem Ausgang. Lewis war diesmal längst nicht so klar überlegen wie beim ersten Aufeinandertreffen der beiden Kontrahenten im vergangenen März, doch während er damals nur ein Unentschieden zugesprochen bekam, durfte er den Ring diesmal als Sieger verlassen. Selbst Promoter Don King, für den die lukrative Ära Holyfield nun wohl endgültig beendet sein dürfte, sprach von Lewis als einem „großen, würdigen Champion“.

Die Punktrichter für den Kampf vor 17.000 Zuschauern im Thomas & Mack Center in Las Vegas waren diesmal nicht von den veranstaltenden Verbänden ausgesucht worden, sondern von der Boxkommission des Staates Nevada. Natürlich keine Garantie dafür, dass tatsächlich alles mit rechten Dingen zugehen würde, sondern eine pure Notwendigkeit angesichts der Vorgänge beim WM-Kampf im März und der jüngsten Enthüllungen im Profiboxen. Schließlich steht mit Bob Lee kein anderer als der Präsident der IBF wegen Betrug, Bestechung und Manipulation unter Anklage. Passend dazu sorgte ausgerechnet die IBF auch bei der zweiten Holyfield-Lewis-Auflage für einen Skandal, indem sie nach rechtlichen Streitigkeiten eine Minute vor Beginn des Kampfes ihren Weltmeistergürtel zurückzog und sich weigerte, ihn dem Gewinner auzuhändigen.

Lennox Lewis war das zunächst einmal herzlich schnuppe. „Er fühle sich großartig“, erklärte der 34-Jährige, schließlich habe er „zehn Jahre auf diesen Tag hingearbeitet.“ Außerdem hatte der Engländer als gebranntes Kind bis zum Ende „Bedenken wegen des Urteilsspruchs“. Nicht ganz zu Unrecht, denn Lewis hatte gegen den drei Jahre älteren Holyfield, der sich in erheblich besserer Verfassung als im März präsentierte, einige bange Minuten zu überstehen, bevor er in den letzten Runden den wenig spektakulären, aber technisch guten Kampf endgültig für sich entscheiden konnte.

Die hohen Wertungen zweier Punktrichter zugunsten des Briten riefen denn auch die Kritik einiger Beobachter hervor. Witali Klitschko hatte sogar Holyfield knapp vorn gesehen. Der Ukrainer, von Promoter Bob Arum in kommerzieller Verblendung schon als ein potentieller „neuer Ali“ gefeiert, wäre gern der nächste Gegner von Lennox Lewis. Doch ein Kampf des Engländers gegen den Osteuropärer, das weiß auch Arum, würde in den USA noch weniger Leute hinter dem Ofen hervorlocken als eine weitere Revanche gegen Holyfield, die allerdings auch unwahrscheinlich ist. Schon der Kampf vom Samstag hatte weit weniger Zuschauer im Pay-per-view angezogen als die erste Auflage im März.

So ist es kein Wunder, dass Lewis vor allem ein Mann als Gegner vorschwebt. „Der einzige, der mir noch fehlt, ist Tyson“, sagt er. Dafür hat er noch beide Ohren.

Matti