Keine Angst vor Kündigung

Formalien, Voraussetzungen und Ortsübliches: Was MieterInnen über den neuen Hamburger Mietenspiegel wissen sollten  ■ Von Eve Raatschen

Für viele Vermieter ist das Erscheinen des neuen Mietenspiegels ein willkommener Anlass, eine Mieterhöhung zu verlangen. Das Recht zur Erhöhung der Nettokaltmiete auf das ortsübliche Mietniveau, das durch den Mietenspiegel dokumentiert wird, ist in § 2 des Mietenhöhegesetzes (MHG) geregelt. Der Vermieter muss die dort vorgeschriebenen Formen und Grenzen beachten, will er eine wirksame Mieterhöhung aussprechen.

Mieterhöhung

Als ersten Schritt muss der Vermieter oder sein Bevollmächtigter (Verwalter) in seinem Namen die MieterInnen schriftlich zur Zustimmung zu einer Mieterhöhung auffordern. Die MieterInnen haben dann eine Überlegungsfrist von mindestens zwei Monaten nach Zugang des Schreibens (auch wenn der Vermieter eine kürzere Frist setzt), um die Zulässigkeit der Mieterhöhung zu überprüfen.

Beispiel: Das Erhöhungsschreiben geht im November 1999 zu. Die Zustimmungsfrist läuft bis zum 31.01.2000. Die erhöhte Miete muss dann – wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen, ab dem 01.02.2000 gezahlt werden. Erhält der Vermieter keine Zustimmung, so hat er innerhalb von zwei Monaten nach Ablaufen der Zustimmungsfrist die Möglichkeit, auf Zustimmung zu klagen. Verpasst er diese Frist, ist eine Klage nicht mehr zulässig.

Voraussetzungen

Liegen alle Voraussetzungen für eine wirksame Mieterhöhung vor, sind die MieterInnen verpflichtet, der Mieterhöhung zuzustimmen.

Ausgeschlossen sind Mieterhöhungen nach § 2 MHG, wenn

* vertraglich eine Staffelmiete oder Indexmiete vereinbart wurde,

* es sich um eine Sozialwohnung handelt, da hier andere Regelungen gelten.

Zugestimmt werden muss, wenn

* die vorgeschriebene Form eingehalten wurde,

* die Kappungsgrenze von 30 Prozent eingehalten wurde,

* eine Mieterhöhung auf die ortsübliche Miete verlangt wird.

Formvorschriften

Die Mieterhöhung muss schriftlich verlangt werden und vom Vermieter (wenn es mehrere sind, von allen Vermietern) oder seinem Bevollmächtigten unterschrieben sein. Die persönliche Unterschrift ist nur entbehrlich, wenn das Schreiben z.B. von einer großen Hausverwaltung komplett per EDV erstellt wurde. Die Mieterhöhung muss an alle HauptmieterInnen gerichtet sein.

Die Mieterhöhung muss begründet werden, entweder durch Bezugnahme auf ein bestimmtes Feld des Mietenspiegels (Beifügen ist nicht erforderlich), oder durch ein beigelegtes Sachverständigengutachten oder durch die Angabe dreier Vergleichswohnungen. Die Vergleichswohnungen müssen so genau beschrieben sein (Anschrift, Ausstattung), dass überprüft werden kann, ob sie mit der eigenen Wohnung vergleichbar sind.

Die letzte Anhebung der Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 2 MHG darf nicht weniger als ein Jahr her sein.

Beispiel: Die letzte Mieterhöhung wurde zum 01.10.1998 verlangt. Eine neue Mieterhöhung, die vor dem 01.10.1999 zugeht, ist unwirksam. Zwischenzeitliche Mieterhöhungen wegen Modernisierung und gestiegener Betriebskosten hindern den Vermieter allerdings nicht daran, die Miete auch vor Ablauf eines Jahres auf das Mietenspiegelniveau anzuheben.

Wurde eine dieser Formalien nicht eingehalten, so sind die MieterInnen nicht verpflichtet, der Mieterhöhung zuzustimmen. Hat der Vermieter bis hierher alles korrekt gemacht, sollte überprüft werden, ob er auch mit der verlangten Höhe der Miete richtig liegt.

Kappungsgrenze

Die Nettokaltmiete darf sich innerhalb von drei Jahren um nicht mehr als 30 Prozent erhöhen. Die 20-prozentige Grenze, die noch 1998 für einige Mietverträge galt, gibt es nicht mehr. Es ist aber im Bundestag im September 1999 ein Gesetzesantrag eingebracht worden, der vorschlägt, die Kappungsgrenze in Zukunft generell auf 20 Prozent zu reduzieren.

Beispiel: Der Vermieter verlangt ab dem 01.03.2000 die neue Miete. Vor drei Jahren, am 01.03.1997, betrug die Nettokaltmiete DM 10,30 pro qm. Die Miete darf jetzt auf maximal DM 13,39 angehoben werden.

Die Kappungsgrenze gilt nicht für MieterInnen ehemaliger Sozialwohnungen, für die bisher Fehlbelegungsabgaben gezahlt wurde. Außerdem bleiben bei der Berechnung der Kappungsgrenze Mieterhöhungen aus den letzten drei Jahren aufgrund einer Modernisierung unberücksichtigt.

Ortsübliche Vergleichsmiete

Der Vermieter darf die Miete immer nur – egal welches der drei genannten Begründungsmittel er auswählt – auf die ortsübliche Vergleichsmiete anheben, auch wenn die Kappungsgrenze mehr erlaubt. Die ortsübliche Miete wird in Hamburg repräsentiert durch den Mietenspiegel. In den Randgemeinden gilt der Hamburger Mietenspiegel nicht. Nur in Norderstedt gibt es einen eigenen Mietenspiegel, der jährlich im März neu erscheint.

Die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete richtet sich zum einen nach dem Baualter (Datum der Bezugsfertigkeit der Wohnung). Bei neu ausgebauten Dachgeschoss-wohnungen oder komplett umgestalteten Wohnungen kann das Baualter der Wohnung vom Baualter des Hauses abweichen: Es gilt das Baualter des Aus- bzw. Umbaus. Zum anderen ist die – tatsächliche – Wohnungsgröße und die Ausstattung maßgeblich für die Zulässigkeit der verlangten Mieterhöhung. Bei durchschnittlichen Wohnungen kann der Vermieter eine Anhebung auf den Mittelwert des Mietenspiegels verlangen.

Die von der Baubehörde veröffentlichte Broschüre zum Mietenspiegel (erscheint einige Wochen nach dem Mietenspiegel) enthält eine Liste mit Merkmalen, die zur Normalausstattung oder zur gehobenen Ausstattung gehören.

Verlangt der Vermieter zu viel, z.B. den Oberwert des Mietenspiegels für eine normale Wohnung oder mehr als 30 Prozent, ist die Mieterhöhung in Höhe des zulässigen Teilbetrages wirksam. MieterInnen sind dann nur zur Erteilung einer Teilzustimmung verpflichtet.

Keine Angst vor Kündigung

Hat der Vermieter alles richtig gemacht, muss die Zustimmung zur verlangten Erhöhung ihm schriftlich zugeschickt werden. Es reicht nicht aus, den Erhöhungsbetrag kommentarlos zu zahlen. Wer einer korrekten Mieterhöhung nicht zustimmt, riskiert trotz Zahlung eine Klage.

Der Vermieter darf aber nicht kündigen, weil die Zustimmung nicht erteilt wurde oder die erhöhte Miete nicht gezahlt wurde. Er muss immer zuerst die Zustimmung vor Gericht einklagen, wenn er seine Mieterhöhung durchsetzen will.

Die Autorin ist Juristin bei

Mieter helfen Mietern