Abartiger, widerlicher, perverser, schmutziger Panzer-Sex!

■ Schöne Testtankkarten von der Hardthöhe für türkische Soldaten. Wenn auch mit wallendem Halstuch

Istanbul (taz) – Nun darf er also in sein Bestimmungsland vorrücken: der „Leopard II“-Testpanzer in die Türkei. Wenn alles generalstabsmäßig verläuft, sollen ihm im Jahr 2001 weitere 1.000 Kettengefährte folgen. Von in Istanbul stationierten Soldaten wurde die Nachricht, die ihre Kasernen erst letzte Woche erreichte, lautstark mit landestypischen „Hüpp, hüpp, hürrü“-Rufen begrüßt.

Die Freude über den „Leö Iki“ ist darauf zurückzuführen, dass den türkischen Soldaten nun endlich einmal modernes Kriegsgerät zur Verfügung stehen wird, nachdem sie in den vergangenen Jahren immer wieder mit veralteten NVA-Waffen auf die Jagd nach Kurden gehen mussten. Zudem hatte der in Militärkreisen äußerst beliebte Islamistenführer Necmettin Erbakan, der als Gastarbeiter in Deutschland maßgeblich an der Entwicklung des Vorgängermodells „Leopard I“ beteiligt gewesen war, während seiner Zeit als Regierungschef wiederholt gefordert: „Leö dar al-islam 'a getirin! – Holt den Leo heim ins islamische Reich!“

Es ist jedoch aus zwei Gründen fraglich, ob 2001 tatsächlich die große „Leopard II“-Lieferung in die Türkei abgewickelt wird: Erstens beteiligen sich noch weitere international renommierte Waffenhersteller an dem Wettbewerb Wer hat den besten Tank für Schnurrbärte“. Zweitens ist der überwiegende Teil der türkischen Politiker abgeschreckt von den geradezu kurdisch anmutenden Ringtänzen, die die deutsche Regierungskoalition um die Lieferung des Testpanzers aufführte. Bündnis 90/Die Grünen hatten eine Fatwa gegen die Lieferung ausgesprochen, und das rot-grüne Regierungsbündnis wurde nur durch einen Kompromiss gerettet. Die Pressereaktionen in der Türkei waren heftig: „Wenn die deutschen Grünen schon wegen einer Kriegsmaschine zetern“, mutmaßte erst kürzlich ein führender türkischer Außenpolitiker in der angesehenen Zeitung Tan, „dann würden sie bei tausend Panzern sicher so schreien, als hingen sie in einem unserer Folterkeller an einem Palästinenserbügel und hätten Elektroden an den Eiern!“ Eine türkische Gazette nannte Schröder vor einer Woche gar „yessil emmekçi“ – „Grüner Lutscher“.

Offensichtlich um solchen geschäftsschädigenden Kampagnen entgegenzuwirken und sein Image als Freund der Knoblauchzehen aufzupolieren, hat Schröder jetzt in der Türkei einen Reklamefeldzug für den „Leopard II“ gestartet. Neben dem Panzer schenkte der Kanzler dem Nato-Partner auch eine Blondine, die dem deutschen Model Claudia Schiffer auffallend ähnelt. Geschmückt ist das Werbepräsent mit einem fein gearbeiteten schmalen Halstuch, das offensichtlich aus der privaten Sammlung von Doris Schröder-Köpf stammt. Gleich nachdem offiziell geworden war, dass die scharfe Ware in die Türkei rollen darf, schoss eine Fotoagentur im Auftrag von Verteidigungsminister Scharping verschiedene Aufnahmen des auf die Panzerkühlhaube montierten Models. Die Bilder werden durch die Firma unter türkischen Soldaten in den Kriegsgebieten Südostanatoliens als Postkarten vertrieben – zu besonders günstigen Preisen, subventioniert mit Geldern der EU und des Deutschen Außenhandelsverbandes. Der Werbeeffekt erziele, teilten Kanzleramt und Hardthöhe auf Anfrage mit, „eine Breitenwirkung wie sonst nur die Neutronenbombe. Jetzt – nach dem ganzen Spott und Hohn – gelten unsere Panzer wieder was!“

Ungeklärt blieb bis zum Redaktionsschluss, ob sich Außenminister Fischers Ehefrau höchstpersönlich hingeben wird – als Pin-up-Girl für die deutschen Anti-Panzer-Minen, die demnächst nach Griechenland exportiert werden sollen. Jens Halberbock