Kein Freund, kein guter Freund

Die Aufregung um die drohende Übernahme von Mannesmann hat ihren Grund: Es geht um die Vorherrschaft auf dem internationalen Telekommunikationsmarkt  ■   Von Reiner Metzger

In der Branche herrscht Aufregung, als ginge es um die Eroberung der Weltherrschaft. Und genau darum geht es tatsächlich: Der britisch-amerikanische Konzern Vodafone-Airtouch will Mannesmann übernehmen, um zum ersten weltumspannenden Mobiltelefon-Konzern zu werden. Für rund 200 Milliarden Mark soll der deutsche Traditionskonzern Mannesmann AG aufgekauft werden.

Zu dem Größten auf dem Weltmarkt wollte das Düsseldorfer Unternehmen Mannesmann langfristig eigentlich selbst anwachsen. Nun könnte es auf dem Weg dahin geschluckt werden.

Gleichzeitig ist das Übernahmeangebot ein weiterer Versuch, auch in Europa Unternehmensfusionen gegen den Willen eines Managements durchzusetzen. In jüngster Zeit gab es zwar bereits feindliche Übernahmen innerhalb von nationalen Grenzen, wie Banken-Fusionen in Frankreich und Telekom-Fusionen in Italien, aber noch nie ist es einem im Branchenjargon so genannten Schwarzen Ritter gelungen, einen Konzern in einem anderen Land zu erobern.

Das Management von Mannesmann könnte sich zwar geehrt fühlen, dass die Briten eigene Aktien im Wert von mindestens 100 Milliarden Euro zum Tausch anbieten, hat aber gestern das Angebot als „völlig unangemessen für Mannesmann und seine Aktionäre“ abgewiesen. Nun startet Vodafone eine Übernahme gegen den Willen der Deutschen. Es wäre die größte feindliche Fusion in der Wirtschaftsgeschichte.

International interessant wurde Mannesmann mit der Ausweitung des Unternehmes, die vor einigen Jahren begann. Die Mannesmänner waren erfolgreiche Stahlröhrenfabrikanten, Hersteller von Fabrikanlagen und Zulieferer für die Autoindustrie. Dann entschied sich das Management auf der Suche nach einem neuen gewinnträchtigen Anlagefeld für die Telekommunikation. Der von nationalen Staatsmonopolisten wie der Deutschen Telekom geprägte Telefonmarkt wurde aufgebrochen, und der steigende Welthandel brachte steigende Umsätze.

Gute Aussichten also für einen Einstieg in großem Stil. Und Mannesmann gelang es besser als den deutschen Konkurrenten, ein Imperium von Kunden und Telefonnetzen aufzubauen. Hauptprofitquelle ist dabei das Handy-Geschäft auf der Grundlage der Lizenz für das D 2-Netz Ende der 80er-Jahre. Hier stiegen die Gewinne in den letzten Jahren in Hundert-Millionen-Mark-Schritten. Stahl und Anlagenbau spielten in den strategischen Überlegungen für die Zukunft keine herausragende Rolle mehr. Über die Jahre erwarb das Management um Klaus Esser Anteile an Handy-Betreibern im europäischen Ausland.

Nun könnte die Mannesmann AG ein Opfer des eigenen Erfolgs werden. Das Unternehmen ist der vielfältigste und beweglichste Großanbieter Kontinentaleuropas und daher eine begehrte Beute für alle, die auf diesen Markt wollen. Es gab folglich bereits allerhand Kaufangebote für Mannesmann, aber keines kam mit solcher Wucht wie das jetzige. Vodafone ist mit mehr als 28 Millionen Handy-Kunden in 23 Ländern die Nummer eins auf dem internationalenMarkt.

Für Vodafone heißt es: jetzt oder nie. Mannesmann kündigte in diesem Sommer die Übernahme von Orange an, einem Hauptkonkurrenten der Vodafone in Großbritannien. Sobald Orange in das Düsseldorfer Imperium vollends integriert wäre, würde jedes Kartellamt die Fusion Vodafone-Mannesmann untersagen. Und Vodafone will nun mal den Großen Preis: Bei der kommenden Verschmelzung von Internet und Mobilfunk, die Billionen von Mark an Gebühren einbringen wird, ganz vorne dabei sein.