„Wir sind auf Anschläge vorbereitet“

Nach Protesten kehrt auf dem Barmbeker Bauwagenplatz Normalität ein  ■ Von Kai von Appen

Langsam kehrt der Alltag ein auf dem Bauwagenplatz im sogenannten „Wendebecken“ in Barmbek Nord. Die Proteste ebben ab. „Keine Mahnwachen mehr“, sagt ein Bauwagenbewohner der Gruppe „Contra Millennium“ schmunzelnd. Zeit, sich den notwendigen Arbeiten zu widmen. Denn momentan gibt es auf dem neuen Gelände noch viele Provisorien. Ein Dieselgenerator spendet den notwenigen Strom, mit dem die Radiatoren zum Heizen der Wagen gespeist werden. „Elektrizität kriegen wir, wenn die HEW Anschlüsse gelegt hat“, berichtet ein Bewohner, „und die Gasheizungen werden noch diese Woche geliefert.“

Der Umzug von zehn Wohn- und Gemeinschaftswagen am vergangenen Freitag hatte sich zum Coup des Bezirksamts Nord entwickelt. Obwohl das Verwaltungsgericht am Vortag dem Widerpruch eines Anliegers stattgegeben hatte (taz berichtete), ordnete die Bezirksverwaltung in der Nacht den „sofortigen Vollzug aus öffentlichem Interesse“ an. Bereits in den Morgenstunden rollte der Treck auf den Platz in Barmbek Nord.

Einige AnwohnerInnen des Stadtteils reagierten mit Entsetzen und versammelten sich zu Mahnwachen, aufgeheizt durch die von der „Bürgerinitiative gegen neue Bauwagensiedlungen in Hamburg Nord“ geschürte Angst vor „Chaos und Gewalt“. Am Wochenende folgte dann die erste ernsthafte Attacke: Ein halbes Dutzend Neonazis tauchte auf und gröhlte: „Wir sind unsoziale Schläger und wir hassen alle Neger.“ Die Polizei machte dem Spuk ein Ende.

Die Anwohnerproteste selbst nehmen die Bauis gelassen hin. „Da motzen zwar einige“, erzählen sie, „aber die schränken immer wieder ein: Gegen Euch haben wir ja eigentlich gar nichts, sondern gegen das Bezirksamt, das uns übergangen hat.“ Es gebe aber auch positive Reaktionen. „Wir freuen uns, dass ihr hier seid“, hätten sich einige Barmbeker geäußert. Bereits zwei Straße entfernt, in den ersten Einkaufsläden, sei die Bauwagenkolonie schon kein Thema mehr. „Beim Einkauf erkennt man den Bauwagenbewohner nicht“, frotzelt eine Bewohnerin.

Obwohl die Bauis eigentlich in das idyllische Gleisdreieck in Ohlsdorf ziehen wollten, – „das war unser Wunschplatz“ – können sie sich mit ihrem neuen Domizil durchaus anfreunden. „Wir sind jetzt zusammen, wie wir es eigentlich wollten“, sagt ein Gruppenmitglied, „wir müssen nicht mehr mit anderen Leuten zusammenwohnen.“

Ob diese Lösung von Dauer sein wird, bleibt abzuwarten. CDU-Nord-Fraktionschef Kai Voet van Vormizeele sowie die Bürgerinitiative haben angekündigt, erneut vor Gericht zu ziehen, um die Maßnahme rückgängig zu machen. Vormizeele wird, angesprochen auf „Contra Millenium“, deutlich: „Im Klartext: Die Bauwagen müssen wieder weg.“ Derweil bleiben die Bauis entspannt, aber wachsam vor Übergriffen oder Attacken von Jungfaschos: „Wir sind auf mögliche Anschläge vorbereitet.“