Zum Kehraus bei Radio Bremen

■ Intendant Glässgen rechnete dem Personal den Horror vor

Bei Radio Bremen (RB) macht sich langsam Kehraus-Stimmung breit. Knapp eine Woche nach der von den MinisterpräsidentInnen beschlossenen Halbierung des ARD-Finanzausgleichs hat der neue Intendant Heinz Glässgen den MitarbeiterInnen am Montag auf einer Personalversammlung mögliche Szenarien vorgerechnet. Bezogen auf den heutigen Etat müsse der kleinste ARD-Sender ab 2006 mit 56 Millionen Mark oder einem Drittel des Gesamtbudgets weniger auskommen. Diese Zahl hat der Intendant für die über 600 Angestellten unter anderem in Stellenstreichungen übersetzt.

„Ich habe das gemacht, damit die Leute ein Gefühl für die Zahlen kriegen“, sagte Glässgen auf taz-Anfrage. Allerdings steht für den Intendanten noch nicht fest, dass es tatsächlich so weit kommt. Am Wochenende fährt er zur Konferenz mit seinen ARD-Kollegen nach Saarbrücken. Dort will er die alte Radio-Bremen-Position bekräftigen, dass die anderen Anstalten über die Rundfunkgebühren auch das Geld erheben, das dem kleinsten ARD-Sender zusteht. Außerdem will er auf die Protokollerklärung der MinisterpräsidentInnen pochen. Wie berichtet, gehen die davon aus, dass die ARD „einvernehmlich einen internen“ Leistungsaustausch vereinbart. Ob sich die Senderchefs von den Länderchefs so weit in ihre Aufgaben reinreden lassen, gilt als fraglich.

Unterdessen sind Mitarbeiter der Unternehmensberatung Roland Berger bei Radio Bremen unterwegs. Bis Ende Januar sollen sie dem Intendanten bei seiner Bestandsaufnahme unterstützen und eine Analyse der Kernkompetenzen und verzichtbaren Aufgaben vorlegen. „Sie führen Intensivinterviews“, sagt ein Redakteur und beschreibt süffisant das in Teilen des Senders verbreitete Klima: „Da kann dann jeder Abteilungsleiter über den anderen schimpfen.“

Glässgen muss also an vielen Fronten kämpfen und zugleich um Vertrauen werben. Auf der Personalversammlung hat er die KollegInnen aufgefordert, Vorschläge für die Zukunft zu machen. „Und dies nicht anonym“, so betont der Intendant.

Der Personalrat sichert Glässgen weiter Unterstützung zu. „Wir wurden – auch von unserer Landesregierung – in eine beinahe ausweglose Situation gebracht“, sagt die Gremiumsvorsitzende Barbara Schleich. Jetzt erwartet sie, dass die Solidarität der ARD nicht bloß ein Wort bleibt. Delegationen von allen Sendern werden nach Saarbrücken fahren, um die Intendanten daran zu erinnern. ck