Für das Gesäß ein hartes Brot

■ BVG macht mobil gegen Schlitzer und Kratzer: Auf der U-Bahn-Linie 4 sitzen die Fahrgäste testweise auf Holz

Harte Zeiten könnten auf die U-Bahn-Fahrer der Hauptstadt zukommen, gesäßtechnisch gesehen. Während die S-Bahn stolz ist, dass die letzten 30er-Jahre-Züge mit Sitzbalken seit geraumer Zeit aus dem Verkehr sind, macht sich die BVG auf den Weg zurück in die Zukunft. Auf der Linie U4 sitzen die Passagiere seit Ende Oktober nun testweise auf Holz.

Die bekannten, mit Kunststoff beschichteten Polsterbänke wurden in einem der Züge entfernt und für das nächste halbe Jahr durch 52 Sitzschalen aus Schichtholz ersetzt. Der Vorteil: Die schlitzt so schnell keiner auf. Außerdem sind die neuen Backenschmeichler mit Anti-Graffiti-Lack beschichtet, und wenn die Vandalen (dahin geht die Tendenz) weiter mehr scratchen als schmieren, baut die BVG die Sitze einfach kurz aus und schleift sie ab.

In der U-Bahn hat es Holzsitze bisher noch nie gegeben, sieht man einmal von einem früheren Experiment ab. Im Frühjahr 1998 baute ein Hersteller kostenlos Sitzschalen aus Holz ein, aber er hatte die Konstruktion des Untergestells noch nicht ganz im Griff. Im zweiten Anlauf soll sich nun zeigen, wie weit die Ausgaben für die Beseitigung von Vandalismus gedrückt werden können. Im vergangenen Jahr habe die mutwillige Zerstörung von U-Bahn-Polstern 2,8 Millionen verschlungen, rechnet BVG-Sprecherin Barbara Mansfield vor, rund 14.000 Sitze mussten ausgestauscht werden. Schon in der Anschaffung seien die Holzsitze rund ein Drittel günstiger als gepolsterte.

Plastiksitze, wie sie etwa in der Hamburger U-Bahn gang und gäbe sind, wolle die BVG ihren Passagieren jedenfalls nicht zumuten, man setze lieber auf das Naturprodukt. Ob Holz nun der Weg in die Zukunft des Personentransports ist, will die BVG freilich nicht vorwegnehmen. Mansfield: „Wir wollen es dem Publikum überlassen, ob es damit zufrieden ist.“ Zufriedenheit bei den Fahrgästen ist nicht ganz auszuschließen. Schließlich, so Mansfield, brächten die Naturschalen auch ihnen Vorteile: „Das sind ergonomisch geformte Einzelsitze. Die kommen besonders bei Frauen gut an, weil man ihnen da nicht so auf die Pelle rückt.“ MK