Nerds und Nepper

Mit De la Soul und der Sugarhill Gang kommen zwei Meilensteine der New Yorker HipHop-Historie, die mit unterschiedlichem Erfolg gegen das Vergessen anrappen  ■ Von Holger in't Veld

Es war einmal in Amerika. Es war einmal in New York. Es war einmal in der Bronx, in Brooklyn, in Queens – nicht in Manhattan und erst recht nicht in Jersey. So zumindest überliefern es die Genealogen des HipHop, die auf Dichotomien wie „drinnen“ und „draußen“ oder „echt und falsch“ beharren.

Keine Frage, wo die Sugarhill Gang in dieser Struktur zu finden ist: Sie sind die erst belächelten, dann verachteten Vorstadt-Kids, die gegen sich gerade erst geschriebene Gesetze verstoßen, indem sie den Code kopieren, verflachen und verraten. Eine hanseatische Analogie wäre, wenn in den Anfangstagen der zumindest als diskursive soziale Realität existenten Hamburger Schule eine Pinneberger Muckertruppe drauf aufbauend die Charts gestürmt hätte. Genau das tat sie, die Hausband des gerade gegründeten Sugar Hill- Labels – sie trug die Blockparties als verkürzte Folie um die Welt und wurde dafür prompt vom Stigma des One-Hit-Wonder erschlagen, das so gar nichts mit HipHop zu tun hatte, der sich bis dato und auch lange Zeit danach eher als kontinuierlicher Fluss denn als formatkompatible Ware kommuniziert hat.

Trotzdem war „Rappers Delight“, dieser auf einer Basslinie der Disco-Größen Chic aufgebaute euphorische Klassiker dem Genre insofern dienlich, als er die Vermarktung der Community-Kommunikation und -Kunstform HipHop lostrat und damit neben allen kulturellen Verlusten ein wirtschaftliches Überleben garantierte. Zum zwanzigsten Jubiläum dieser Leistung gibt es nun ein großes Stelldichein der elektronischen Weiterverarbeitungsindus-trie, wo das überschaubare Material von Wonder Mik, Big Bank Hank und Master Gee per Breakbeat und House auf seine Revival-Fähigkeit getestet wird. Zumindest die mickrige Web-Site der Sugarhill Gang sollte sich damit beleben.

Hier sieht es für das andere, nach längerer Zeit wieder öffentliche Trio mau aus. Die Fanpage von De la Soul teilt mit, dass sie wegen mangelndem Besuch eingestellt ist – dabei liegt deren letzte, allgemein abgenickte Äußerung nicht zwanzig, sondern drei Jahre zurück. Doch die Zeit arbeitet keinesfalls für Maseo, Trugoy und Posdnous. Ihr Modell einer fließenden, mikroakzentreichen Freundlichkeit bewegt in der auf Pose und/oder Pop geeichten nachgewachsenen Hip-Hop-Jugend wenig.

Dabei kann das gemütliche Trio eine ähnliche Genre-Erweiterung wie die Sugarhill Gang vorweisen – ihr Debut Three Feet High And Rising brachte zum ersten Mal im großen Maße die weiße College-Öffentlichkeit zum HipHop, was neben ihrer knuffig-verschlafenen stimmlichen Performance auf die eklektische Zitatpraxis des genialischen Prince Paul zurückzuführen ist. Für De la Souls Hier und Jetzt ist die letzte, ohne ihn produzierte Platte signifikant: Stakes Is High – „die Hürden sind hoch“ heißt soviel wie „es ist windig hier draußen“. Durchhalten ist die Devise.

De la Soul: Do, 18. November, 21 Uhr, Markthalle Sugarhill Gang: So, 21. November, 21 Uhr, Fabrik