Polizei lässt Weihnachtsmänner hängen

■  Studenten wollten in voller Berufsmontur, also selbst mit Bärten bewaffnet, für ihre Arbeitsplätze demonstrieren. Doch das verstößt gegen das Vermummungsverbot. Die Bärte müssen ab. Die Studenten zeigen sich renitent

Die Berliner Polizei hat einen Anschlag der Berliner Weihnachtsmänner gegen den Rechtsstaat verhindert. Eine geplante Demonstration von Studenten, die in der Weihnachtszeit ihr Geld als Rotröcke verdienen, wurde unter Hinweis auf das Vermummungsverbot zurückgewiesen. Die Gelegenheitsweihnachtsmänner wollten in voller Berufsmontur, also bis zur Unkenntlichkeit mit Bärten vermummt, für die „Erhaltung ihrer Arbeitsplätze“ demonstrieren. Hintergrund ist, dass die Auftragslage der Weihnachtsmannbranche zurückgegangen ist. Die Studenten wollten am 1. Dezember für ihre rein fiskalischen Interessen Werbung machen.

Der Organisator der geplanten Demonstration, Oberweihnachtsmann Jörg Schöpfel von der studentischen Arbeitsvermittlung „Heinzelmännchen“ an der Freien Universität, hatte seine Forderung bei der zuständigen Versammlungsbehörde im Landeskriminalamt gestellt. Dort war ihm vorgeschlagen worden, die Weihnachtsmänner sollten auf die Bärte verzichten. Auf dieses kooperative Angebot ging Schöpfel nicht ein. Ein Verhalten des Vermummungsbefürworters, das selbst bei der als liberal verschrienen Polizei der ehemaligen Hauptstadt Bonn auf Ablehnung stößt. Sprecher Harry Kolbe sagte, in Bonn werde das Tragen von Bärten wohl ebenfalls nicht toleriert. Auch die Berliner Polizeigewerkschaft gibt der Versammlungsbehörde recht. Es sei nun mal geltenes Recht, dass Demonstranten sich nicht vermummen dürften, sagte GdP-Sprecher Klaus Eisenreich. Die Polizei habe in dieser Frage kein Ermessen. Allerdings fügte er hinzu: „Vom Grundsatz bedauere ich das.“ Nicht die Polizei sei verantwortlich, sondern der Gesetzgeber.

Als Sympathisant der unechten Weihnachstmänner erwies sich auch der grüne Bundestagsabgeordnete und Rechtsexperte, Christian Ströbele. Der Vorfall zeige den „Skandal“ des Vermummungstatbestandes.

Laut Paragraf 17 h des Versammlungsgesetzes ist es verboten, bei öffentlichen Versammlungen Schutzwaffen zu tragen und sich zu vermummen. Ströbele berichtete von der kürzlichen Verurteilung einer Frau, die bei einer Demonstration unter dem Motto: „Das Volk lacht das Militär aus“ eine wattierte Militärweste getragen hatte. Eine Schutzwaffe, denn damit habe sich die Frau gegen notfalls erforderliche Maßnahmen der Polizei schützen können. Auch die wattierten Nikolausmäntel könnten demnach als Schutzwaffen angesehen werden. Möglicherweise ein weiterer Grund für die Ablehnung der maskierten Demonstration.

1996 war die Berliner Polizei noch weicher gewesen. Damals war eine Demonstration von Weihnachtsmännern gegen die Einführung der Rentenversicherungspflicht für Studenten erlaubt worden. Mit Bärten. Organisator Bernhard Band von der Arbeitsvermittlung Tusma an der Technischen Universität ist noch heute des Lobes voll: „Ich hätte nicht gedacht, dass die Polizei so kooperativ sein könnte.“ Die Beamten hätten sogar Kaffee und Kuchen spendiert. Markus Franz