Die IRA ist bereit, über ihre Abrüstung zu verhandeln

■ Der Weg für einen Regierungseintritt der IRA-nahen Sinn Féin scheint damit geebnet

Dublin (taz) – Die Irisch-Republikanische Armee (IRA) ist bereit, über die Herausgabe ihrer Waffen zu verhandeln. In der mit Spannung erwarteten Presseerklärung sagte die Organisation gestern Mittag, dass sie einen Gesprächspartner in die nordirische Abrüstungskommission, die vom kanadischen General John de Chastelain geleitet wird, entsenden werde. Voraussetzung dafür sei allerdings die Einsetzung der Regionalregierung mit zwei Ministerposten für Sinn Féin sowie die Gründung gesamtirischer Institutionen, wie es im Friedensabkommen vom Karfreitag vorigen Jahres vorgesehen ist.

Die Umsetzung des Abkommens war bisher an der Waffenfrage gescheitert, weil die Unionisten, die für die Union mit Großbritannien eintreten, auf Ausmusterung der Waffen bestanden haben, bevor der politische Flügel der IRA, Sinn Féin, in die Mehrparteienregierung aufgenommen werden könne. Der Unionistenchef und designierte nordirische Premierminister David Trimble hatte am Dienstag erklärt, die Ernennung eines IRA-Verhandlungspartners für die Abrüstungskommission sei für ihn ausreichend, um die Regierung zu bilden.

Trimble und der Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams hatten fast wortgleiche Erklärungen abgegeben, in denen Adams die Abrüstung als „grundlegenden Bestandteil des Friedensprozesses“ bezeichnete. Ob das für Trimbles Gegner in der eigenen Partei, darunter sein eigener Stellvertreter, ausreicht, ist jedoch fraglich. Die Mehrheit seiner Abgeordneten im Belfaster Regionalparlament hat bereits signalisiert, dass die IRA mit der Herausgabe der Waffen beginnen müsse, bevor Sinn Féin in die Regierung dürfe. Bleibt es bei dieser Einstellung, sind Trimbles Tage als Unionistenchef gezählt.

Michael McGinley von Trimbles Ulster Unionist Party (UUP) sagte gestern aber, die IRA-Erklärung könne die Grundlage für die Durchsetzung der Ziele seiner Partei, Abrüstung und Regierungsbildung, sein. Er fügte hinzu, dass die UUP in Ruhe darüber beraten werde, doch er halte die Erklärung für bedeutsam. „Es ist genauso wichtig, was nicht in der Erklärung steht“, sagte McGimpsey. „Die Abgabe der Waffen wird nicht, wie bisher, von vornherein ausgeschlossen.“ Die Democratic Unionist Party des reaktionären Pfarrers Ian Paisley, die gegen das Friedensabkommen ist, sagte dagegen, dass die IRA-Erklärung nichts Neues enthalte. Der Rat der UUP, das höchste Parteigremium, wird am 27. November über die Zukunft des Friedensabkommens entscheiden. Sollten die 860 Delegierten dem Trimble-Adams-Plan zustimmen, werden noch vor Ende des Monats die Minister ernannt. Die erste Regierungssitzung soll dann am 8. Dezember stattfinden.

Ralf Sotscheck